Das Gangsterkino lebt, besser gesagt pumpt es ein bärenstarkes Lebenszeichen aus dem europäischen Sektor in die weite Welt hinaus. Stefano Sollima, der auch hinter der Serie Gomorrha steckt, inszeniert mit Suburra einen unterkühlten Thriller, der sich vor internationaler Konkurrenz überhaupt nicht verstecken muss.
Ein Gangster namens Samurai möchte ein Spielimperium an der Küste Roms errichten. Diesem Plan stimmen die lokalen Gangsterbosse zu, doch als der Politiker Malgradi nach einem Drogentod einer Minderjährigen Hilfe bei der Entsorgung braucht, setzt dies eine verzwickte Reihe von Ereignissen in Gang, das den vermeintlichen Frieden der einzelnen Fraktionen völlig zerstört. Dabei konzentriert sich die Narration auf eine stringenten Ablauf der Woche. Der deutsche Zusatztitel „7 Tage bis zur Apokalypse“ stellt in diesem Kontext lediglich den Ausgang dar, mit dem man sicherlich rechnet. Das Drehbuch vermag es zu Beginn noch mit den etlichen Charakteren und den verschiedenen Gruppen zu verwirren, doch mit fortschreitender Handlung entflechtet sich dieses Gestrüpp und man ist als Zuschauer komplett mit den Beziehungen vertraut.
Die verschiedenen Charaktere und Perspektiven sind nämlich wichtig, denn Suburra ist stark fokussiert auf seine Personen und deren Handlungen. Hier sticht bereits die Vielschichtigkeit ins Auge. Jede Figur ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, jede Kriminelle ist zugleich Monster, als auch liebender Vater/Mann, jeder in diesem Konstrukt hat seine Handlungsmotivation und vermag es nicht immer rationale Entscheidungen zu treffen. Episodisch wandern wir von Tag zu Tag und wissen, dass eine große Eskalation unvermeidlich ist. Zu dieser inhaltlichen Perfektion gesellt sich jedoch noch eine anderen Augenweide.
Suburra ist audiovisuell umwerfend inszeniert! In ruhigen, statischen Bildern erzählt Sollima seine Geschichte, orientiert sich oft am neongetränkten Kino und hat in Verbindung mit dem Soundtrack des französischen Duos M83 einige Szenen, die Gänsehaut hervorrufen (der umwerfende Einsatz am letzten Tag von „Wait“). Die elektronischen Musikstücke geben der Handlung einen Impuls, lassen die monströsen 135 Minuten wie im Fluge vergehen. In dieser Welt gibt es keine Helden, keine Möglichkeit über Entsacheidungen nachzudenken, denn alles könnte im Handumdrehen durch einen Wasserschwall fortgespült werden.
Suburra ist tolles Kino, dass hierzulande kaum Aufmerksamkeit genießen durfte. Dieses finstere, brutale und dramtische Gangsterepos verdient es gesehen zu werden. Denn auch wenn Stefano Sollima nicht ganz an die Klasse eines Francis Ford Coppola oder Martin Scorsese kommt, ist Suburra nur ein kleines Stückchen entfernt, zu einem echten Klassiker zu avancieren. Ein dicke dicke Kaufempfehlung!
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