Colin Trevorrow, Regisseur des Franchise-Reboots Jurassic World, widmet sich nach seinem CGI-lastigen Blockbuster der finanziellen Sparsamkeit des Familiendramas in Form von The Book of Henry. Dass dieser furchteinflößender ist als Trevorrows voriges Projekt sollte zu denken geben.
In The Book of Henry spielt Naomi Watts die Mutter zweier hochintelligenten Kinder, von denen der Ältere von beiden, Henry, an einer Herzkrankheit verstirbt. Noch vor seinem Tod hatte Henry seinen Nachbarn, gespielt von Breaking Bad-Star Dean Norris dabei beobachtet, wie dieser seine Tochter misshandelt. In dem Vermächtnis des Elfjährigen richtet er seiner Mutter seinen Wunsch aus: Töte unseren Nachbarn.
Was wie ein terrorisierender Psycho-Thriller klingt, ist in Wahrheit eine familiäre Tragikomödie mit zuckersüß-verspieltem Score und luftig-naiven Humor. Hier werden Kinder nicht nur ernst genommen, sondern auf ein höheres Podest gestellt. So sind die beiden Jungs weitaus mutiger und mit intellektuellerem Vokabular gezeichnet als ihre Mutter, die das weibliche Geschlecht als empfindliche, unselbstständige Person darstellt. Das klingt nicht nur frauenverachtend – das ist es auch in vollen Zügen.
Weitaus beängstigender ist jedoch Trevorrows Weltbild gegenüber Gerechtigkeit, das letztlich die Befürwortung der Todesstrafe beinhaltet. Es ist zwar nett gemeint von ihm auszusagen, dass Kinder ernstgenommen werden sollen, doch geht er mit seinen Inhalten definitiv zu weit und blendet jedes Realitätsgefühl aus, um seine Geschichte so rosig wie möglich enden zu lassen. Das überrascht in Folge der lachhaft peinlichen Pseudo-Raffinerie und des künstlichen Humors rein gar nicht.
Am Ende fragt man sich, welches Publikum The Book of Henry ansprechen möchte. Für Kinder ist dieser Film eindeutig zu gefährlich und weltbildverzerrend, während Erwachsene durch den Erzählstil für dumm verkauft werden. Letztlich ist es eine Tragikomödie, die komplett untergehen sollte, da sie in keinem Fall eine Daseinsberechtigung hat. Darüber hinaus funktioniert die vorgetäuschte Empathie der Kinder zu keinem Zeitpunkt und schürt stattdessen die vollkommene Abneigung. Ein gefährlich hetzerischer und meinungsmanipulativer Film, der in keine falschen Hände geraten sollte.
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