Nach einem Teaser wie der von The Boss Baby ist mit allen Extremen zu rechnen. So stellt sich die Frage nach brauchbaren Inhalten mit Herz oder erbarmungslosem Kitsch ohne elterlichen Ansprüchen. Um ehrlich zu sein, hat DreamWorks neuster Animationsspaß eine sonderbare Grauzone entdeckt, die sich zwar bei weitem nicht mit Pixars Alles steht Kopf messen kann, dennoch spielerisch nicht allzu unbegabt ist – und fabriziert eine wohlmöglich ungewollt komplexe Surrealität.
The Boss Baby möchte vieles sein, aber eines ganz besonders: Jede Altersgruppe ansprechen können. So sind viele Passagen des Humors relativ durchwachsen und zünden beim älteren Publikum nur bedingt. Entgegenwirkend werden, nach Tradition moderner Animations- und Kinderfilme, zahlreiche Referenzen und Insider für den ausgewachsenen Zuschauer involviert, deren Platzierungen zwar wieder einst sehr gewollt und heraufbeschwörend sind, doch trotzdem häppchenweise zünden. Letztlich treffen tun sich die beiden Zielgruppen bei dem Erscheinungsbild und der spielerischen Gestik des anzugtragenden Boss Babys. Egal wie oft, teilweise bis ins Lächerliche, mit seiner kontrastierten Persönlichkeit gespielt wird, sind es allesamt vollends aufblühende Gags, die der gesamten Familie einen großen Spaß machen.
Die Geschichte leitet sich damit ein, dass ihr Protagonist, der siebenjährige Tim, eine blühende Fantasie hat und sich seine Wahrnehmung des alltäglichen Geschehens abstrahiert. Damit erklärt sich der Filme seine vielen Überspitztheiten und tobt sich kurzerhand mit realitätsfremden Erklärungen und Darstellungen aus. Unbeabsichtigt könne jedoch der gesamte Plot in Frage gestellt werden, denn es ist bei geradezu jeder Szene unklar, ob sich der Film selbst auch dem Fantasy-Genre zuordnet. Dies verkompliziert das Seherlebnis für den nachdenklichen Zuschauer unvorstellbar, sodass sogar die Existenz des Boss Babys in Frage gestellt werden könne (wie es schließlich im Finale angedeutet wird). Somit stellt sich verrückterweise heraus, ob gewollt oder nicht, dass The Boss Baby eine U12-Version von David Lynchs Mullholland Drive ist.
Spaß bei Seite. The Boss Baby ist ein wundervoll visualisierter, jedoch leicht zu überdrehter Familienfilm mit einer neuwertigen Interpretation zum familiären Verhältnis von Geschwistern. Dass das Drehbuch sich leicht überlädt, indem es in unkontrollierter Balance erklärend ist und zeitgleich unbeantwortet bleibt, hat eine surreale Doppelbödigkeit zur Folge, die auf amüsanter Weise fordern kann. Da lohnt es sich sehr, einen eigenen Blick auf den Animationsfilm zu werfen. Nebenbei ist das windelfüllende Bürotier ein herber Erfolg zum Dauerschmunzeln.
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