Unter den zahlreichen Stephen-King-Verfilmungen nimmt The Night Flier eine etwas merkwürdige Zwischenposition ein. Weder großes Horrorkino noch kompletter Reinfall, sondern ein kleiner, düsterer Genrebeitrag, der sich durch seine Atmosphäre und sein bitterböses Ende doch von der Masse absetzt.
Im Zentrum steht Richard Dees, gespielt von Miguel Ferrer, ein zynischer Boulevardjournalist, dem nichts mehr heilig ist. Leichen und Grauen sind für ihn nur noch Rohstoff für Schlagzeilen. Als eine Serie grausamer Morde rund um kleine Flughäfen auftaucht, begibt er sich auf die Spur eines geheimnisvollen schwarzen Flugzeugs – und stößt schnell auf die Erkenntnis, dass der Täter ein Vampir sein muss. Doch die Geschichte ist weniger klassische Vampirjagd als vielmehr ein Blick in den Abgrund einer Figur, die längst seine Menschlichkeit verloren hat. Besonders auffällig ist die Inszenierung, die sich doch sehr von unseren ersten beiden Fright-Filmen unterscheidet: Vieles erinnert an eine überlange Folge von X Factor: Das Unfassbare, nur ohne Jonathan Frakes. Karge Kulissen, drückende Musik, kühle Flughallen und finstere Hotelzimmer schaffen eine Atmosphäre, die stark an 90er JahreFernsehthriller erinnert. Diese Mischung aus leicht billig wirkender TV-Optik und wohligem Schauer hat einen ganz eigenen nostalgischen Charme.
Doch The Night Flier verlässt sich nicht allein auf diese Stimmung. Zwischen ruhigen Passagen platziert der Film immer wieder überraschend deftige Gewalteinlagen. Wenn der Vampir zuschlägt, dann mit drastischen Bildern, die weit über den üblichen Fernsehgrusel hinausgehen. Blut, abgetrennte Körperteile und makabre Details sorgen für einen deutlichen Härtegrad mit richtig tollen praktischen Effekten und Masken. Gerade dieser Kontrast der trägen, fast gemütlichen Erzählweise auf der einen Seite und die brutalen Spitzen auf der anderen – macht den Reiz aus. Das Finale krönt die Geschichte mit einem konsequenten Schlag. Ohne den Weg ins Offensichtliche zu gehen, wird der Zuschauer mit einem Ende konfrontiert, das bitterböse und zugleich absolut stimmig ist. Dieser Schlusspunkt verleiht dem Film Nachhall und hebt ihn über viele seiner etwas blasseren Genre-Verwandten hinaus, trotz des trägen Mittelteils.
Empfehlenswert für Halloween weil: The Night Flier ein kleiner, eigenwilliger Horrorfilm ist, der sich weder auf konventionelle Vampirklischees noch auf glatte Hochglanzinszenierung verlässt. Stattdessen überzeugt er durch eine Atmosphäre, die nach 90er-Fernsehthriller riecht, wohlgesetzte Gewaltspitzen und ein finster gelungenes Ende. Kein Klassiker, aber eine morbide Genreperle, die ihren Platz in der langen Reihe von King-Adaptionen behaupten kann und leider zu Unrecht unbekannt geblieben ist. Ach und die härtere Langfassung gibt es sogar kostenlos auf YouTube zu sehen!


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