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Thief – Der Einzelgänger

von Marc

Michael Mann-Retrospektive #1

“Aus kleinem Anfang entspringen alle Dinge.“ – Cicero

Mit „Thief“ beginnt die Filmkarriere des Michael Mann. Nach einer Ansammlung kleinerer, nicht zwingend nennenswerter TV-Produktionen wagt sich der in Chicago geborene Regisseur auf die Kinoleinwand. Für den in seiner Heimat gedrehten Film benötigte Mann nicht mehr als eine Handvoll Darsteller und finanziell auch nur geringe Mittel. Was für ein Ergebnis letzten Endes sein Debütfilm darstellt wollen wir heute im ersten Teil unserer Michael Mann-Retrospektive besprechen.

„Thief“ (zu Deutsch: „Der Einzelgänger“) erzählt die Geschichte des Profieinbrechers Frank, der die Nase voll von seinem Diebesdasein hat und sich nach einem Leben jenseits der Kriminalität mit einer Familie sehnt. Nach einem letzten großen Coup mit knapp einer Millionen Dollar Beute möchte Frank sich zurückziehen, doch sein Boss hat andere Pläne mit ihm.

„I am the last guy in this world that you want to fuck with.” – Frank

Michael Mann erzählt in “Thief” eine einfache Geschichte über einen Mann und dessen Sehnsucht nach Freiheit und Familie. Der Kern der Story ist somit die Suche eines Gangsters nach Erfüllung, nach dem American Dream. Der von James Caan dargestellte Protagonist hat sichtlich genug von dem Geschäft, in dem er ein absoluter Vollprofi ist. Er verliebt sich in die Kellnerin Jessie (Tuesday Weld), möchte sich mit ihr seinen Traum erfüllen. Es zeigt sich schnell, dass Frank eine verzweifelte Seele ist, dass er Angst hat, sich den Traum nicht erfüllen zu können. Er verbrachte 11 Jahre seines Lebens hinter Gittern, hat eine Scheidung hinter sich und keine näher genannten Verwandten. So kommt Frank, als er Jessie erstmals zu einem Date ausführt, schnell zur Sache und macht ihr deutlich, was er möchte. Tatsächlich betrachtet er sie als sein Eigentum, und sie nimmt seine Einstellung über den ganzen Film protestlos hin. Er behandelt sie, als wäre sie nur eines seiner Beutestücke, wertvoll und einzig ihm gehörend, ohne freien Willen oder Meinung. Zu seiner Verteidigung muss man allerdings auch festhalten, dass Jessie ihm keinen Grund liefert, von seiner Einstellung abzuweichen. Generell wirkt ihr Charakter ziemlich kühl und formenlos, wie ein lebloses Accessoire auf dem Weg zu Franks Traum.

“I have run out of time. I have lost it all. So I can’t work fast enough to catch up. I can’t run fast enough to catch up. And the only thing that catches me up is doing my magic act.” – Frank

Die Realisierung Franks Traum inszeniert Michael Mann in dem für ihn charakteristischen Stil. Eine kühle Atmosphäre liegt über dem Film, der in einen wundervollen Noir-Look mit 80er-Feeling getaucht wurde. Kalte Musik untermalt die Szenerie, die von tollen Kameraeinstellungen und gekonntem Schattenspiel in eine für Mann typische hervorragende Komposition von Bild und Ton gepackt wird. Insbesondere die Inszenierung der Schlussszene, die Kamera fährt gen Himmel, Frank läuft in Richtung Horizont, schließt das Debüt von Michael Mann brillant ab. Frank ist nun am Ende seines langen Weges angekommen. Sein American Dream scheint sich nun zu erfüllen.

„Thief – Der Einzelgänger“ ist ein hervorragendes Debüt eines großen Regisseurs, das die Fähigkeiten dieses Mannes bereits in diesem frühen Werk offenbart. „Thief“ besticht durch Inszenierung, insbesondere Atmosphäre und Realismus. Es fällt positiv auf, dass Michael Mann zu den Dreharbeiten Experten zuzog (ja, wir meinen damit erfolgreiche Einbrecher). Ebenso verantwortlich für die Stärke ist allerdings auch sein Protagonist und die Darstellung seines Lebens und seiner Weltanschauung. Es ist wirklich schade, dass „Thief“ so einen geringen Bekanntheitsgrad besitzt, aber angesichts seiner unspektakulären Art auch nicht weiter verwunderlich, dabei zählt gerade dieser Film zu den besonders starken Werken des Michael Mann.

Alle Bildrechte obliegen dem Verleiher ©OFDb, an den für die Bereitstellung der mit weiteren Filmfassungen sowie jeder Menge interessanter Extras ausgestatteten 5-Disc Ultimate Edition ein ganz besonderer Dank rausgeht.

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