Es gibt diese Filme, die kein großes Geheimnis um deren filmisches Vorbild machen und trotzdem mit einer eigensinnigen Note beeindrucken können. Zu diesen Filmen gehört definitiv der über viele Jahre indizierte Backwood-Horrorslasher Tourist Trap, der seit diesem Jahr ungekürzt und restauriert digital zu kaufen ist.
Bereits das Poster offenbart die große Inspirationsquelle von Regisseur und Drehbuchautor David Schmoeller. Das Gesicht bzw. die Maske des Antagonisten deutet auf den fünf Jahre älteren Welthit Blutgericht in Texas aka The Texas Chain Saw Massacre von Tobe Hooper. Tatsächlich gibt es Strukturen, die zweifellos Parallelen zum Vorbild sind, allen voran dem narrativen Hinterwälder-Konzept und der häuslichen „Experimentierfreudigkeit“ des Killers. Doch Tourist Trap macht schnell deutlich, dass mehr dahintersteckt. Ein gänzlich anderer Ansatz. Denn Schmoeller jagt nicht den rohen Terror der Realität, nämlich stellt die Realität gänzlich in Frage.
Ein großes Mysterium wird um den Nachbar und abgeschotteten Bruder von Mr. Slausen geschaffen. Dabei stehen realitätsnahe Wachsfiguren eine entscheidende Rolle, die nicht nur Teil von Mr. Slausens tragischer Vergangenheit sind, sondern auch die Frage des Filmes unterstreicht: Sind die Figuren bloße Kreationen oder menschliche Körper? Mit dieser Frage spielt Tourist Trap eine ganze Weile bis er in der Mitte seiner Laufzeit einen Moment kreiert, der aufgrund seiner Langatmigkeit und Detailliertheit eine zutiefst verstörende Wirkung erzielt. Diese Szene war zweifellos der Grund für die Indizierung – und sie hat es immer noch in sich. Doch auch wenn diese Szene ein (wenn nicht sogar das) Highlight des Filmes ist, schlägt Tourist Trap einen spannenden Weg in seiner zweiten Hälfte ein: Der Weg ins Surreale.
Es braucht seine Zeit bis Schmoeller seine wahren Absichten offenbart. Denn ist der Film erstmal in sein letztes Drittel und damit in sein Finale angelangt, wirkt es gleichermaßen, als hätte der junge David Lynch von dort an die Kontrolle übernommen. Und das ist ein Versprechen: Mit ein solch trippiges Finale kann man kaum rechnen! Hier geht Tourist Trap all in und verliert sich vollends in einen vom Wahn befallenen surrealen Fiebertraum, der das Filmerlebnis so arthausig und verspielt wie möglich pointiert. Definitiv bester Stoff für ein Remake von A24.
Empfehlenswert für Halloween, weil Tourist Trap mit einer verstörenden, langandauernden Tötungssequenz in der Mitte und seinem trippigen Fiebertraum-Finale so ziemlich jede Erwartung unterläuft, die die recht unoriginelle Prämisse hergibt. Ein unterschätztes B-Movie-Highlight der späten Siebzigerjahre.
Hinweis: Zwar handelt es sich bei der digital verfügbaren Filmversion auf iTunes, Amazon Video und Co. nicht um die ungeprüfte Fassung, doch fehlen lediglich kurze Handlungsmomente. Die Gewaltszequenzen, sowie das Finale sind vollständig ungekürzt. Siehe folgenden Schnittbericht.
Regie: David Schmoeller
Drehbuch: David Schmoeller & J. Larry Carroll
Produktion: J. Larry Carroll
Darsteller: Chuck Connors, Jocelyn Jones, Jon Van Ness, Robin Sherwood, Tanya Roberts
Bildgestaltender Kameramann: Nicholas von Sternberg
Komponist: Pino Donaggio
Altersfreigabe: ab 18
Laufzeit: 90 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 1979
Budget: 350.000 USD
Box Office: unbekannt
Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Pandastorm Pictures GmbH.