Und tatsächlich ist ein Jahr nun wieder vergangen. Ein Jahr in dem leider die Priorität dieser Seite erheblich unter unseren eigenen Ansprüchen lag, aber aufgrund von berufsbedingtem Stress schon die Zeit aufzubringen um einen Film zu sehen kein leichtes Unterfangen war. Und doch gehören die 31 Days of Fright zu dieser Seite wie mittlerweile Scheißfilme zu Neil Marshall und wir beginnen die diesjährigen Frights mit einer Rückbesinnung an den Eurohorror einer vielversprechenden jungen Regisseurin die mit ihrem Werk die Säle während des Fantasy Filmfests dieses Jahr bereits ins schwitzen brachte.
Chloe Okuno war auch im letzten Jahr vertreten, dort jedoch in einer Anthologie. Ihre Episode „The Storm Drain“ war ein Teil von VHS 94, der euch vielleicht letztes Jahr schon eine gute Zeit beschert hat. In „Watcher“ geht es zurück zum Euro Horror und das sogar so stilsicher, dass er zur Mieter Trilogie von Roman Polanski passen würde. Eine junge Amerikanerin (Maika Monroe) zieht mit ihrem Freund nach Rumänien, da dieser dort einen vielversprechenden Job in einer ausgelagerten Zweigstelle der amerikanischen Firma beginnen kann. Seine rumänischen Wurzeln helfen ihn schnell dort Fuß zu fasse, doch Julia hat ihre Probleme in der Stadt. Nicht nur die Sprachbarriere die das Leben dort für sie umständlich macht, ist ein Problem, sondern auch die Stimmung in der Stadt. Ein Frauenmörder scheint sein Unwesen zu treiben und plötzlich entdeckt sie im Haus gegenüber eine Silhouette die die ganze Zeit in ihre Wohnung zu starren scheint.
„Watcher“ ist aber nichts für die Menschen unter euch, die schnell vorangetrieben Spannungssequenzen brauchen, sondern auch waschechter Slow Burner der perfide mit euren Nerven spielt. Nicht nur weil Chloe Okuno es versteht ansprechende Montagen einzusetzen oder stimmungsvolle Bilder, sondern euch geschickt überlassen wird wie die Geschichte sich wohl zuspitzen mag. Ob das alles nur eine ungünstige Verkettung von Ereignissen ist oder die Bedrohung nur aus Julias ohnehin schon angespannter Stimmung entspringt. Nur das passiert eben recht langsam, denn Watcher nimmt sich Zeit das Leben im Alltag in Rumänien darzustellen und begleitet die wie immer überzeugende Maika Monroe beim Einkaufen, bummeln durch die Stadt oder auch der sich zuspitzende Besuch in einem dunklen Kino.
Das Stalkerszenario ist dabei manchmal so im Hintergrund, das bestimmte Details für den Zuschauer bedrückender sind als für die Protagonistin. Ein paar Überraschungen gibt es zwar auf dem Weg, doch vieles läuft in Watcher auch stark nach Maß ab. Da hilft die starke Chemie zwischen Maika Monroe und Karl Glusman jedoch ab, dass man wirklich bei den Charakteren ist. Doch wer VHS 94 gesehen hat weiß, dass Chloe Okuno nicht nur soften Slow Burn kann, sondern auch laute Eskalation. Und gerade wenn man das Gefühl hat, dass sich „Watcher“ vollends zu verlaufen droht setzt das Finale ein beginnend mit einer Musterszene für Spannung in einer U-Bahn.
Die Eskalation der Geschichte lässt sich zwar trotz ein paar falschen Fährten recht schnell erraten, doch ist als Genrefilm in seiner Konsequenz einfach nur befriedigend. Mehr verraten wird hier nicht auch wenn sich nicht sagen lässt wann der Film in Deutschland erscheint. Das ist schade, denn auch wenn „Watcher“ vielleicht nicht viel mehr ist als eine enorm sehenswerte und stilsichere Fingerübung, sorgen die 90 Minuten für genug Überraschungen und wenigen gut eingesetzen Schocks für jede Menge Spaß, solange man sich auf das entschleunigte Tempo einlässt. Wer ein Shudder Abo in den USA über Itunes hat, kommt sogar jetzt schon in den Genuss.
Regie: Chloe Okuno
Drehbuch: Chloe Okuno, Zack Ford
Darsteller: Maika Monroe, Karl Glusman, Burn Gorman, Madalina Anea, Daniel Nuta, Tudor Petrut
Score Composer: Nathan Halpern
Cinematographer: Benjamin Kirk Nielsen
Altersfreigabe: keine Altersfreigabe (Ab 16 empfohlen)
Lauflänge: 91 Minuten
Erscheinungsjahr: 2022
Budget: 5.000.000$
Box-Office: 2.469.914$
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