2017 sollte durch The Mummy mit Tom Cruise der Startschuss für das Dark Universe gefeiert werden. Dieser entpuppte sich nämlich nicht als Remake des modernen Klassikers von Stephen Sommers, sondern legte das Fundament für ein Reboot der Horror Ur-Gesteine um Dracula, Frankenstein und den Unsichtbaren. Ein finanzieller Erfolg war jedoch nicht gegeben inklusive vernichtender Kritiken, sodass sich Universal Pictures dazu entschied Der Unsichtbare nicht also hoch budgetierten Blockbuster zu realisieren, sondern als „kleinen Horrorfilm“. Schade ist das jedoch, da The Mummy als eigenständiger Film als gelungen angesehen werden darf und das angeteaste Potenzial für durchaus Laune sorgte. Zeitgleich muss man jedoch sagen, dass die Absage des Dark Universe mit Abstand das Beste ist, was Der Unsichtbare passieren konnte!
Leigh Whannell, der knapp ein Jahr zuvor für mächtig Wind im Genrekino mit Upgrade sorgte, inszeniert jetzt einen bodenständigen Horrorthriller der sich mit häuslicher Gewalt auseinandersetzt und zeitgleich ein dicker Beweis für die Qualitäten von Whannell ist! Sein Timing für Schocks und die kreative Verwendung von Kamerabewegungen sind das was auch Der Unsichtbare ausmacht, wobei sich der Film viel Zeit für die Entwicklung der Protagonistin nimmt. Und wer nach den generischen Trailern dachte hier wartet nur eine üblicher 0815 Jumpscare-Horror hat sich gewaltig getäuscht. Denn spannungstechnisch ist Der Unsichtbare mit das intensivste was man diesen Jahr sehen wird.
Um die Marschroute vorzugeben sorgt das Intro direkt für klitschnasse Hände wenn nach einer langen stehenden Einstellungen des rauschendes Meeres vor der Bucht des prunkvollen Hauses ins Innere geschnitten wird wo Cecilia versucht aus den eigenen vier Wänden zu fliehen. Und da macht sich direkt die Dynamik erkennbar mit der Der Unsichtbare uns auf Trab hält. Er nutzt auf perfide Weise die Stille und Ungewissheit um gnadenlose Spannungsszenen zu etablieren. Um es besser zu beschreiben reichen in den ersten 5 Minuten nur ruhige Kameraschwenks die Cecilia verfolgen wie sie ihre Sachen zusammensucht und sich schleichend durch das Haus bewegt, bevor eine Kollision mit einem Hundenapf uns aus dem Ruhezustand rauscht. Aber Whannell ist nicht interessiert uns nach jeder Spannungssequenz einen lauten Ton um die Ohren zu klatschen, sondern lässt nie durchschimmern wann er den Terror durch Lautstärke beendet.
Nach der Flucht ist Der Unsichtbare nicht interessiert Tempo mit der nächsten Bedrohung aufzubauen und lässt sich viel Zeit den Leidensweg aufzuzeigen. Elisabeth Moss ist dabei als Charakterschauspielerin die tragende Kraft die die Angst sehr pointiert aufzeigt und eine gute Bindung zum Zuschauer aufbaut. Mit Zuspitzung der Bedrohung wird Der Unsichtbare dann zu einem absoluten Spannungsbrett! Szenen die sich unerträglich aufbauen und Jumpscares ankündigen nur um mit einer ruhigen Transition zu enden sind keine Seltenheit und sorgen für zwei höllisch intensive Stunden die selbst bei Horrorverachtern funktionieren. Denn auch als Drama überzeugt der Film , auch wenn er seinen Druck in einer ruppigen Eskalation in einem Krankenhaus entlädt bei der die Kamera deutlich an die Actionszenen aus Upgrade erinnert.
Aber überraschenderweise funktioniert auch diese Actionszene hervorragend im Gesamtkonstrukt. Zur Überraschung ist das Ende überraschend intim und emotional stark umgesetzt, auch wenn es sehr im Kontrast zu den vorherigen 100 Minuten steht. Das kann bei der Erstsichtung durchaus zum Problem werden, funktioniert aber gerade bei einer wiederholten Sichtung umso besser. Der Unsichtbare ist also eine faustdicke Überraschung und eine dringende Empfehlung für nahezu jeden. Wer Lust hat emotional durchgerüttelt zu werden und keine Scheu vor eruptiver Härte und saftiger Spannung hat findet hier ein echtes Juwel! Ein Tipp zuletzt: Lautes Gucken im Heimkino ist ein Muss, da das Sound Design, sowie der Soundtrack von Benjamin Wallfisch wirklich fantastisch sind.
Empfehlenswert für Halloween weil: Der Unsichtbare ist in jeder Hinsicht ein absolut gelungener Film. Nicht nur weil er es versteht Horror zu inszenieren, sondern auch auf emotionaler Ebene ordentlich Durschlagskraft hat! Wir garantieren, dass ihr vor dem Schlafengehen definitiv genauer in die dunklen Ecken eurer Wohnung guckt und euch jedes ungewöhnliche Geräusch in der Nacht aus der Ruhe bringt! Man darf gespannt sein was Leigh Whannel in Zukunft inszenieren wird.
Regie: Leigh Whannell
Drehbuch: Leigh Whannell
Darsteller: Elisabeth Moss, Aldis Hodge, Storm Reid
Score Composer: Benjamin Wallfisch
Cinematographer: Stefan Duscio
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 124 Minuten
Budget: 7.000.000$
Box-Office: 130.722.000$
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures