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Die Körperfresser kommen

31 Days of Fright – Tag 11

von Robin Längert

Ein weiterer Horror-Klassiker wird endlich Teil unserer 31 Days of Fright: Die Körperfresser kommen von Philip Kaufman. In der Hauptrolle ist Donald Sutherland zu sehen, dessen Mimik für eines der legendärsten Filmenden aller Zeiten verantwortlich ist.

Die Menschen in San Francisco scheinen wie ausgewechselt. Geradezu seelenlos wandern die Bürger der Stadt zu ihrer Arbeit, zu ihren Liebsten ohne dabei einen Hauch von Empathie zu zeigen. Erst sind es wenige. Einen Tag später scheint beinahe jeder davon betroffen zu sein. Der epidemische Zuwachs machen Gesundheitsinspektor Matthew und seine Kollegin Elizabeth unsicher. Denn sie könnten die nächsten sein…

Die Literaturverfilmung enthält zahlreiche Wiedererkennungsmerkmale der New Hollywood-Ära. Die politisierte Perspektive der Erzählung ist eine davon. Ganz zu schweigen von der Nutzung realer Schauplätze, dank denen der Film mitsamt den unvergesslichen Dutch Angle Shots auf den fallenden Straßen von San Francisco seine unmissverständliche Bildsprache erhält. Die Körperfresser kommen erzählt nämlich von einer Gesellschaft, die fällt. Und von einer Gesellschaft, die sich verändert. Interessant dabei ist, welchen Platz wir als Zuschauer dabei einnehmen.

Es ist die Zeit, in der die großen sozialen Bewegungen, wie die der Hippies, die großen politischen Aufstände, wie die von Black Lives Matter, die großen entmilitarisierenden Proteste, wie die gegen des Vietnamkrieges, einen Schwund erleiden. Noch zehn Jahre zuvor schien die amerikanische Gesellschaft in eine niemals endende Unruhe entglitten zu sein. In eine Zeit der gesellschaftlichen und politischen Neustruktur. Stattdessen findet eine Normalisierung statt. Und wir als Zuschauer nehmen die Sicht jener Bürger San Franciscos ein, die in der Klimatisierung ihrer Mitmenschen etwas Xenomorphes erkennen. Etwas, das die Hoffnung auf Progression schrittweise vernichtet.

Dazu fallen einige Parallelen zu einem anderen Science-Fiction-Horrorfilm der Siebzigerjahre auf, der schon vor vier Jahren seinen Einzug in die Frights bekam: Der Omega-Mann von Boris Sagal aus dem Jahr 1971. Dieser stammt noch aus einer Zeit, in der die Angst vor sozial-isolierten Organisationen und Sekten eine enorme Überhand hatte. Man könnte also fast von einer Gegensicht zu der von Kaufmans Film reden, auch wenn das nicht ganz zutreffend ist. Zufälligerweise erschienen beide Romanvorlagen, die von Die Körperfresser kommen und Der Omega-Mann, im Jahre 1954. Beide Romane erhielten eine Erstverfilmung zu Zeiten des Hays Codes. Und beide Romane erhielten ihre bislang letzte Verfilmung im Jahr 2007, von denen I Am Legend mit Will Smith der deutlich bessere Film ist gegenüber Invasion mit Nicole Kidman und Daniel Craig.

Wie dem auch sei, die Zweitverfilmungen aus den Siebzigerjahren sind als spannende Komplementärwerke zu verstehen in Anbetracht ihrer politisierten Neuinterpretationen, die daran erinnern, wie aktivistisch selbst das Genrekino zu den Zeiten von New Hollywood war, ehe es sich einem Jahrzehnt später den Mechanismen der Popkultur beugen musste. Das Beängstigende dabei ist, wie sehr Die Körperfresser kommen den Untergang seines eigenen künstlerischen Freigeists prophezeit. Das macht den Endzeit-Horror nicht nur zu einem furchteinflößenden, metaphorischen Zeitdokument, sondern auch zu einer deutlich intensiven Seherfahrung. Die Dynamik mag mit den heutigen Sehgewohnheiten etwas zu langatmig erscheinen. Dennoch sind die praktischen Effekte, der fantastische Cast mitsamt Donald Sutherland, Brooke Adams, Leonard Nimoy und Jeff Goldblum, sowie die perfide, schleichende Spannung bis heute einzigartig. Ein zutiefst nihilistischer Film, der tief in den Knochen sitzen bleibt, je mehr man sich auf seine Atmosphäre und die psychotischen Nuancen einlässt.

Empfehlenswert für Halloween, weil dieser Horror-Klassiker einen verstörenden Ausklang der New Hollywood-Ära darstellt ohne dabei seinen eigenen filmhistorischen Kontext außer Acht zu lassen. Wer sich die Zeit und Ruhe nimmt für einen old fashioned Slowburner wird schließlich mit einem Filmende beschert, dass er/sie für den Rest des Lebens nie wieder vergessen wird.

Regie: Philip Kaufman
Drehbuch: W. D. Richter basierend auf einem Roman von Jack Finney
Produktion: Robert H. Solo
Darsteller: Donald Sutherland, Brooke Adams, Leonard Nimoy, Jeff Goldblum
Bildgestaltender Kameramann: Michael Chapman
Komponist: Denny Zeitlin
Altersfreigabe: ab 16
Laufzeit: 115 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 1978
Box Office: 24,9 Mio. USD (US)

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©AL!VE.

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