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Gladiator 2

von Sean Theumer

Es hat nahezu 25 Jahre gedauert, um einen Film fortzusetzen, der in sich komplett perfekt erzählt und geschlossen war. Angeblich war Ridley Scott, der sein filmisches Vermächtnis immer mehr mit Füßen tritt und selbst zerstört, jahrelang nicht mit dem Drehbuch zufrieden, denn wenn Gladiator 2 erscheint, dann natürlich auch nur in der perfektesten Version. Vorgestern fragten wir uns noch gespannt, wie es gelingen wird die Geschichte weiter zu erzählen und gleichzeitig mit modernerer Tricktechnik anzureichern. Heute wissen wir endlich das Ergebnis, doch in dieser desolaten Form hätten wir es uns nicht mal in den aller schlimmsten Albträumen vorstellen können.

Getreu des Mottos der legendären Cantina-Band, die ihre Songwiederholung fröhlich mit „Spielt den selben Song nochmal“ ankündigen, hat sich Ridley Scott mit Gladiator 2 eine ähnliche Herangehensweise überlegt. „Wir erzählen den Film, mit dem ich für den besten Film beim renommiertesten Filmpreis der Welt ausgezeichnet wurde, etwas abgewandelt einfach nochmal!“. Und wir als Zuschauer müssen nun damit Frieden schließen, alles erneut, nur in deutlich beschissener, sehen zu müssen. Hanno, ein Krieger, setzt sich gegen römische Invasoren seiner Kolonie zu Wehr, verliert dabei seine Liebe und wird versklavt an Macrinus weitergegeben, der für das römische Imperium ganz andere Vorstellungen hat, als die diabolischen Brüder Geta und Caracalla. Als Gladiator soll Hanno seine Rache an General Acacius bekommen und einen Umbruch im römischen Reich herbeiführen.

Wenn man im Vorfeld eines Filmes bereits hört, dass die erste Version mit 220 Minuten Länge abgeschlossen wurde und letztendlich auf 148 Minuten gestrafft wurde, verheißt das selten etwas gutes. Auch erste Berichte über einen Directors Cut lassen auf einen erzählerischen Flickenteppich hindeuten, quasi das was in Napoleon schon mehr als deutlich wurde. Narrativ brauchen wir über Gladiator 2 aber nicht reden, so hanebüchen forciert wie die Geschichte in den Kanon integriert wird und in einem katastrophalen letzten Drittel gipfelt. Kurz vor Abspann gibt es eine Andeutung für einen möglichen weiteren Film, bei dem sich die Zehnägel hochrollen und man hoffen sollte, dass diese Art der Zusammenführung nicht das Licht der Leinwand erblickt.

Gladiator 2 beginnt mit einer gezeichneten Wiederholung der Schlüsselszenen des ersten Films und will nochmal das Bewusstsein zu einem Film wecken, den niemand vergessen hat. Und während die Eröffnungsschlacht in seiner Größe und der perfekten Verschmelzung von praktischen und digitalen Effekten extrem Bock macht, weil der Film haptisch und dynamisch wirkt, wird spätestens der Einsatz von digitalen tollwütigen Affen diesen Ersteindruck zunichte machen. Und wenn ein Film uns schon an seinen Vorgänger erinnert, muss er sich der Gefahr eines direkten Vergleichs stellen. Ridley Scott war immer ein souveräner Handwerker, die exzellente Vita spricht für sich, doch an einem bestimmten Punkt in seinem Schaffen entschied er sich dafür einfach nichts mehr ernst zu nehmen. Das mag in House of Gucci gut funktioniert haben, wirkte in Napoleon aber schon spürbar deplatziert.

Ob nun Schiffsschlachten im gefluteten Colosseum voller Haie sinnvoll sind sei mal dahingestellt, aber in diesen Momenten blitzt gelegentlich das maximalistische Spektakel auf, das irgendwo in diesem Flickenteppich verborgen ist. Die Action ist druckvoll vertont, stabiler gefilmt aber so schnell vorbei, dass niemals Flow entsteht. Platte Dialoge von oberflächlichen Figuren wechseln sich mit Actionsnippets ab, während ein generischer Soundtrack durch die Boxen rauscht und dafür sorgt, dass uns Gladiator 2 merklich kalt lässt. Emotional ist die Nummer nämlich so steril und wirkungslos, dass selbst Now we are free im Abspann sich deplatziert anfühlt. Paul Mescal ist kein Russel Crowe, gibt sich aber Mühe. Denzel Washington scheint in einem komplett anderen Film mitzuspielen, der eher überspitzt wie House of Gucci ist und die Brüder, gespielt von Joseph Quinn und Fred Hechinger sind zwar nur Joaquin Phoenix in doppeltem Gewand, aber herrlich grenzdebil bei der Sache. Aber der große Knall am Ende bleibt aus.

Letztendlich ist Gladiator 2 ein Film, der uns konstant an bessere Zeiten erinnern will und aufzeigt, dass die Magie des reinen groß-skalierten Filmemachen bei Ridley Scott komplett verbraucht ist. Mehr Remake als Fortsetzung mit den typischen Problemen eines Legacy-Sequels ohne Charisma an der Darstellerfront und einer offengelassen Tür für einen dritten Teil an den man gar nicht denken will. Eine Abstufung in nahezu allen Punkten, steril, emotional wirkungslos und leider so enttäuschend, dass kein Directors Cut der Welt diesen Flickenteppich noch aufbessern kann. Eine der größten Enttäuschungen des Jahres.

Regie: Ridley Scott
Drehbuch: David Scarpa
Produktion: Ridley Scott, Douglas Wick, Michael A. Pruss
Darsteller: Paul Mescal, Pedro Pascal, Denzel Washington, Connie Nielsen, Matt Lucas, Joseph Quinn, Fred Hechinger, Derek Jacobi, Peter Mensah, Tim McInnerny
Bildgestaltender Kameramann: John Mathieson
Komponist: Henry Gregson-Williams
Altersfreigabe: ab 16
Laufzeit: 148 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 2024
Budget: 310.000.000$

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Paramount Pictures Germany

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