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Hellraiser V – Inferno

31 Days of Fright – Tag 19

von Robin Längert

Noch bevor sich Regisseur und Drehbuchautor Scott Derrickson den Horror-Hits Sinister und The Black Phone widmen durfte, inszenierte er zur Jahrtausendwende den fünften Teil der Hellraiser-Reihe als Direct-to-DVD-Produktion. Dabei entstand ein Horror-Thriller, der den Rest des Franchises in den Schatten stellte.

Wie bereits vor drei Jahren bei meiner Besprechung zum vierten Hellraiser-Teil Bloodlines stellte ich die Frage nach der Identität der Filmreihe und wie weit diese variiert werden kann. Derrickson geht nochmal einige Schritte weiter als sein Vorgänger und sucht einen völlig neuen narrativen Ansatz. Offensichtlich inspirierte er sich im höchsten Maße von Angel Heart, Sieben, Jacobs Ladder und Lost Highway, um eine letztliche Fusion im Hellraiser-Kosmos stattfinden zu lassen. Doch funktioniert ein surrealistischer Horror-Noir mit den Zenobiten? Ja, und wie!

Es benötigt nur einen Hauch von Engagement für eingefleischte Pinhead-Fans, um sich auf Hellraiser V – Inferno einlassen zu können. Der größte Störfaktor mag sicherlich der Mangel an Body-Horror sein und die überwiegende Abstinenz der Höllenwesen. Doch wurde das erst einmal akzeptiert, wird dem Zuschauer eine beeindruckend nihilistische Welt des korrupten Detectives Joseph Thorne geboten, der vom One Tree Hill-Star Craig Sheffer gespielt wird und damit düsteres Kontrastprogramm zu seiner populärsten Rolle darstellt. Dabei folgt der Plot den Strukturen eines klassischen Serienkiller-Thrillers, die seit dem Erfolg von Das Schweigen der Lämmer zunehmend mit psychologischen Horror bestückt wurden (Sieben, …denn zum Küssen sind sie da, Der Knochenjäger etc.), ehe James Wans Saw im Jahr 2004 all dem die Krone aufsetzte, die Genre-Grenzen sprengte und der Ära des Serienkiller-Horror-Thrillers ein Ende setzte, um schließlich den Beginn des Torture Porns einzuleiten. Und eben genau in dieser letztes Phase des Thriller-Genres befindet sich augenscheinlich der fünfte Hellraiser-Teil.

Aufgrund der niedrigen Herstellungskosten wirkt der Film so oder so anders als seine Vorgänger. Waren Teil eins bis vier noch fürs Kino produziert, ist hier die Identität eines Fernsehfilms zu spüren, dessen Ausstattung im besten Falle das doppelte seines Budgets verdient hätte, um umso wirkungsvoller sein zu dürfen. Dieses Privileg wurde ihm zwar verwehrt, dennoch ragt Inferno aus der teils wendungsreichen Hellraiser-Filmreihe heraus. Ja, er kopiert viele Trends des Neunzigerjahre Thriller-Kinos. Doch besitzt er trotz aller Mängel eine bestechende Eigensinnigkeit, die ihm keinesfalls abgestritten werden kann. Wohl kaum hätte man einen solchen fünften Hellraiser-Film erwartet. Umso erfreulicher ist seine Existenz, die zweifellos beweisen konnte, dass mit genug Kreativität und Durchsetzungsvermögen eine erfrischende Vision in einem fast langandauernden Franchise möglich ist. Es muss sich nur ein wenig aus der Komfortzone bewegt werden.

Empfehlenswert für Halloween, weil der nihilistisch-psychologische Horror-Noir-Thriller so ziemlich jede Erwartung an einen fünften Hellraiser-Film umgeht, um dem Franchise eine ganz neue Perspektive zu verpassen. Das ist mehr atmosphärisch als brutal. Und wer damit leben kann, wird mit Derricksons Inferno überaus glücklich sein.

Regie: Scott Derrickson
Drehbuch: Paul Harris Boardman & Scott Derrickson
Produktion: W.K. Border, Joel Soisson
Darsteller: Craig Sheffer, Nicholas Turturro, James Remar, Noelle Evans, Doug Bradley
Bildgestaltender Kameramann: Nathan Hope
Komponist: Walter Werzowa
Altersfreigabe: ab 18
Laufzeit: 99 Minuten
Veröffentlichungsjahr: 2000
Budget: 2 Mio. USD
Box Office: Direct-to-DVD

Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©Plaion Pictures.

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