Longlegs von Oz Perkins ist ein Film, der sich auf eindringliche Weise in das Gedächtnis des Zuschauers einprägt. Es handelt sich um einen düsteren, atmosphärisch dichten Horrorfilm, der sich weniger auf Schockmomente als auf eine allgegenwärtige Beklemmung und eine schleichende Angst konzentriert. Mit einem Fokus auf psychologische Tiefe und subtilen übernatürlichen Elementen knüpft Longlegs an klassische Horrormotive an, fügt jedoch eine postmoderne Ebene der Unsicherheit hinzu.
Der Film handelt von einem mysteriösen Serienmörder, der von den Behörden nur als „Longlegs“ bezeichnet wird, und einer FBI-Agentin (gespielt von Maika Monroe), die sich auf seine Spur begibt. Doch die Oberfläche, die zunächst als konventionelle Jagd auf einen Serienkiller beginnt, weicht schnell einem komplexen Geflecht von psychologischer Obsession, übernatürlichen Einflüssen und der Frage nach der menschlichen Natur des Bösen. Allein das Opening wäre aber schon ein sensationeller Horror-Kurzfilm geworden.
Im Zentrum von Longlegs steht das Wechselspiel zwischen der Protagonistin, der FBI-Agentin Lee Harker, und dem titelgebenden Antagonisten. Harker wird nicht nur mit den brutalen Morden konfrontiert, sondern auch mit ihrer eigenen psychischen Zerbrechlichkeit. Ihr Versuch, Longlegs zu fassen, ist nicht nur eine äußere Jagd, sondern auch eine innere Konfrontation mit ihren Ängsten und Schwächen. Die Figur von Longlegs selbst bleibt in vielerlei Hinsicht rätselhaft und entzieht sich einer klaren Kategorisierung. Er ist ein Serienmörder, doch gleichzeitig gibt es Hinweise auf eine übernatürliche Dimension, die sich in seiner erschreckenden Präsenz und seiner scheinbaren Unverletzlichkeit manifestiert. Longlegs ist weniger eine Person als vielmehr eine Verkörperung des absoluten Bösen, die jenseits menschlichen Verständnisses liegt.
Oz Perkins Regie zeichnet sich vor allem durch ihre inszenatorische Zurückhaltung und die Schaffung einer durchweg dichten Atmosphäre aus. Statt den Zuschauer mit expliziten Gewaltdarstellungen zu überfluten (ja die gibt es auch), konzentriert sich der Film auf die Schaffung einer subtilen, aber anhaltenden Unruhe. Die klaustrophobische Bildgestaltung die viel auf Negative Space legt, die mit langen Kamerafahrten und schattigen Kulissen arbeitet, verstärkt das Gefühl der Isolation und der psychischen Bedrängnis. Perkins gelingt es, die Spannung weniger durch den Einsatz von Jump-Scares aufzubauen (ja, auch hier gibt es zwei Paradebeispiele), sondern vielmehr durch die ständige Andeutung, dass etwas Unheimliches lauert – und dabei vielleicht nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Charaktere.
Doch Vorsicht: Egal wie düster und drastisch das Geschehen in seiner nihilistischen Atmosphäre wird, ist ein Vergleich zu Das Schweigen der Lämmer etwas zu abstrakt. Longlegs lässt den souveränen Nicholas Cage in zwei Szenen komplett über die Strange schlagen und ist in der letzten halbe Stunde generell ziemlich campy geraten in dem er eine Ebene so explizit ausspielt, die besser im Stillen und Heimlichen funktioniert hätte. Abseits davon bleibt ein absolut beängstigender Serienkiller-Thriller!
Empfehlenswert für Halloween weil: Longlegs ein Film ist, der sich in das kollektive Bewusstsein der Zuschauer einschleicht und dort verweilt. Osgood Perkins hat ein beunruhigenden Film geschaffen, der mit seiner unterschwelligen Bedrohlichkeit beeindruckt. Die exzellente Kameraführung und die dichte Atmosphäre machen den ihn zu einem Highlight des Jahres!
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