Es gibt Filme, die man auf großer Leinwand sehen muss. Und dann gibt es Filme die leider auf kaum einer Leinwand zu sehen sind oder zu besonders unfreundlichen Zeiten laufen. Hier in Hannover bekam Monos tatsächlich einen Kinostart im gemütlichen Independent Kino „Kino am Raschplatz“, doch leider nur mit Einsätzen am Freitag und Samstag um 23:00 Uhr. Mit dem Home Entertainment Release vor kurzem lässt mich das nur noch trauriger zurück.
Hier warten Bilder, die man in solch einnehmenden Format vielleicht zuletzt mit Apokalypse Now gesehen hat. Hier wartet jedoch kein brutaler Kontrast zwischen Kriegstrauma, der Schönheit der Natur und einem Lied von The Doors auf euch, jedoch ein Drama, dass sich eben auch auf den Kontrast zwischen unberührter Natur und Kriegsverbrechen stützt.Bereits 2019 begeisterte Monos auf der Berlinale, doch nicht jeder Zuschauer wird mit den teils euphorischen Meinungen übereinstimmen.
Monos ist sperriges Kriegsdrama ohne Exposition und Epilog und wirft euch kalt in das Geschehen einer jungen Guerilla Truppe die sich auf einem Berg mit einer Geisel verschanzen und für den Gruppenführer auf eine Kuh aufpassen sollen. Dabei dient die gigantische Naturkulisse vor allem als Aufhänger für meditative Einstellungen in der sich Nebel und aufgehende Sonnenstrahlen um die gigantischen Gipfel schlingen und so eine Symbiose aus opulenter Walze und einnehmender Ruhe beim Zuschauer bilden. Deklariert als Kriegsdrama setzt Monos dabei jedoch vor allem auf eine Auseinandersetzung mit seiner Jugendtruppe.
Die Schicksale werden dabei nicht formuliert, die Beweggründe noch weniger. Der Grund der Entführung kann nur flüchtig einer Nachrichtensendung entnommen werden. Intention ist dabei die unvoreingenommen Auseinandersetzung des Zuschauers mit den Taten der Gruppe. Das funktioniert als recht ambivalenter Blick da wir nie durchblicken welcher Charakter hinter den Waffen schwingenden Jugendlichen steckt. Ihr Leben dort, bestimmt durch Krieg und Flucht, Regeln und Bestimmtheit lässt erschaudern. Jeder Beziehung und körperliche Nähe steht unter dem Wort des Anführers, das Folgen der natürlichen Triebe liegt in Handschellen. Ihr Leben in Angst wird nur deutlich durch die Schüsse die durch die Gebirge peitschen und immer näher kommen, weil die Dynamik in der Gruppe das Einzige ist was ihnen bleibt.
Dabei nutzt Regisseur Alejandro Landes die Gewalt als brutales Mittel und setzt sie als Schockwirkung im Off ein. Fast schon nebenbei geschieht im Off ein Suizid, dessen Grund ein Schlag in die Magengrube ist. Ab Hälfte des Filmes verschlägt es die Gruppe in den Dickicht des Dschungels. Es entsteht ein spannendes Katz und Maus Spiel, bei der sich wahre Gesichter der Mitglieder zeigen und eine intime Auseinandersetzung mit Fremdbestimmung und eigenem Willen bei Rambo, einem weiblichen Mitglied der Gruppe beginnt.
Dort bekommen auch die hypnotischen Bilder ihren Wandelt weil Monos zum bedrückenden Kriegsterror wird, der effektiver wird da kindliche Unschuld auf Überlebenskampf trifft. Landes scheut sich indes nie die Gewalt zu verschleiern. Und gerade wenn man glaubt dem Terror entkommen zu sein und beginnt die familiäre Idylle zu schätzen, die sich aus der Flucht ergibt, setzen Schüsse erneut Schockzustand und Trauma frei. Monos wird viele von euch vor den Kopf stoßen gerade weil er so speziell entschleunigt inszeniert ist, kaum Charakterzeichnung hat und durch ewig stehende Naturbilder fast schon wie eine Meditation wirkt. Doch das stimmige Zusammenspiel der Darsteller, effektive Gewalt und die schönsten Aufnahmen des Jahres machen Monos zu einem Erlebnis. Einem Erlebnis das vielen von uns auf einer 100m² Leinwand verwehrt blieb.
Regie: Alejandro Landes
Drehbuch: Alejandro Landes, Alexis Dos Santos
Darsteller: Sofia Buenaventura, Julián Giraldo, Karen Quintero, Moises Arias, Julianne Nicholson
Score Composer: Mica Levi
Cinematographer: Jasper Wolf
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 102 Minuten
Erscheinungsjahr: 2019
Budget: 2.000.000$
Box-Office: 1.600.000$
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©DCM