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Talk to me

von Sean Theumer

In undefinierbaren Abständen gibt es im Horrorgenre einen effektiven Film, der zeigt, dass im Gruselkosmos immer noch frische Ideen oder bekannte Ideen in frischer Umsetzung existieren. Was 2015 mit It Follows geschah oder im Jahr 2018 mit Hereditary wiederholt sich ab Donnerstag im Kino mit Talk to me. Nicht weil er einfach nur ein neuer Horrorfilm mit allerhand guten Kritiken ist, sondern wie die beiden zuvor genannten Filme ein Debüt. Von RackaRacka die auf YouTube mit ihren irren Kurzvideos auf sich aufmerksam machten. Noch nie von denen gehört? Das ist zu verkraften, aber wer Talk to me verpasst, der verpasst zeitgleich einen der frischesten Horrorfilme der letzten Zeit.

Nicht weil er sonderlich innovativ ist. Eine Hand mit der man mit den Toten in Kontakt treten kann ist auch nur eine abgewandelte Version des XY-Horrors. Aber wie die beiden Regisseure diese Prämisse umsetzen ist schweißtreibendes und präzises Spannungskino. Da wo andere Filme sich erst in ewigen Monologen wälzen um langsam auf sich aufmerksam zu machen wird in Talk to me nach gerade mal 2 Minuten kurzer Prozess gemacht. Ein unglaublich dynamischer One-Taker eskaliert am Ende, dass das Herz in den Hals schießt wenn die Titeleinblendung über die Leinwand rollt.

Und ab da hat euch Talk to me im Schwitzkasten. Weil er den unglaublich gut gespielten jungen Charakteren genug Raum lässt und das Schicksal der Hauptprotagonistin aufrollt, nicht unnötig den Ursprung der Hand erforscht und ihr einen Fluch auferlegt (die Hand ist da und funktioniert, mehr interessiert hier nicht) und ab seiner Eskalation von einer brutalen Spannungssequenz in die Nächste hechtet. Das ist irrsinnig gut gefilmt, mit brutalem Sound-Design präsentiert und erlöst euch nicht nach wenigen Sekunden Anspannung mit einem Knall auf der Tonspur. Hier dürfen Szenen noch wirken, der Hintergrund nach Gestalten abgesucht werden und Momente über Minuten nachhallen. 

Und weil dem Publikum natürlich noch viel mehr abverlangt werden kann gibt es zusätzlich erschütternde Gewaltszenen mit grandiosen praktischen Effekten. Auch wenn Evil Dead Rise im April für absolute Stimmung gesorgt hat, die Dusche holt man sich hier. Wer in seinem ersten Werk mit so einer Präzision und Stilsicherheit inszeniert hat eine große Zukunft vor sich. Dass sich nach der ganzen Festivalfurore auch noch A24 die Rechte gesichert hat, passt perfekt ins Bild. Talk to me ist 95 Minuten Terror, der im Kopf bleibt. Einzig schade ist es, dass kurz vor Ende mit Bildern gespielt wird die an Brian Yuznas Society erinnern, aus denen dann einfach nichts gemacht wird. Auch der Schluss ist dann etwas zu schnell abgehandelt, auch wenn das Ende auf seine Weise im Kosmos wunderbar konsequent ist. Im nächsten Film hauen uns Danny und Michael Philippou dann komplett aus den Latschen. 

Wer sich einen Eindruck holen will: Der Trailer ist erfreulich gut geschnitten und nimmt nicht mal im Ansatz die Highlights vorweg. 

Talk-to-Me-Teaser-Poster

Regie: Alejandro Landes
Drehbuch: Alejandro Landes, Alexis Dos Santos 
Darsteller: Sofia Buenaventura, Julián Giraldo, Karen Quintero, Moises Arias, Julianne Nicholson
Score Composer: Mica Levi
Cinematographer: Jasper Wolf
Altersfreigabe: 16
Lauflänge: 102 Minuten
Erscheinungsjahr: 2019
Budget: 2.000.000$
Box-Office: 1.600.000$

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Capelight Pictures 

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