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Oppenheimer

von Sean Theumer

Christopher Nolan macht einen Film über Robert Oppenheimer, dem Erfinder der Atombombe. Nach interstellaren Reisen, invertierten Entropien oder Reisen durch Träume um Gedanken zu ändern wieder ein Film über echte Dinge. Nachdem Tenet auf viel Gegenwind gestoßen ist aufgrund seines Sound-Mixing, des Stakkato-Editings und der erlebnisorientierten Inszenierung, wohl wieder ein Stück ruhiger. Ändert nichts daran, dass Tenet ein absolutes Meisterwerk ist, aber das ist eine andere Geschichte. Nun also ein Historienfilm mit dem Nolan zu seinen von Fans geliebten Stärken zurück kommt?

Diejenigen die mit der Inszenierung von Tenet wenig anfangen konnten, werden auch mit Oppenheimer große Probleme bekommen. Das Sound Mixing ertränkt alles in der komponierten Musik von Ludwig Goransson, kaum eine Einstellung steht länger als zwei Sekunden und die Inszenierung auf mitunter VIER Zeitebenen wird immer wahllos ohne Einblendungen hin- und herumgeschnitten. Christopher Nolan hat also seinen Stil gewechselt und der funktioniert auch hier hervorragend. Zugegeben 180 Minuten sind ein echtes Brett und gerade zu Beginn ist es extrem umständlich in den Film wirklich reinzukommen, aber sobald diese Hürde überwunden ist wartet ein einziger Rausch auf euch.

Die Handlung verzichtet dabei auf große Effektszenen. Wer also dachte, dass Hiroshima auf der Leinwand zerstört wird ist komplett falsch. Und diese subtile Note kommt dem Film zu Gute. Nolan war immer ein technik- und wissenschaftsfokussierter Regisseur bei denen die menschlichen Hüllen, insbesondere Frauen recht blass auf der Strecke blieben. Eine simple Erzählung blieb ebenso unbeliebt, was Oppenheimer damit direkt abhebt. Der Film ist kein Biopic, sondern figurzentriertes Drama mit Thrilleranleihen.

Weil der Score dermaßen pumpt und durch den irren Schnitt einen richtigen Rausch erzielt. Die Gespräche sind dynamisch inszeniert, in der mittleren Stunde in Los Alamos ist der Film so spannungstreibend und erzielt echte Thrillerqualitäten. Dabei spielt Oppenheimer immer wieder mit Einblendungen vom Spiel der Moleküle, Neutronen und Protonen um zwischendrin jumpscareartig Töne in ruhige Minuten zu werfen. Auf diesem Level wäre Oppenheimer zweifelsohne der beste Nolan Film geworden, doch es ist unmöglich das Tempo über drei Stunden konstant so zu halten. und 180 Minuten sind da natürlich etwas zu viel.

Zu Beginn und kurz vor Ende merkt man etwas Durchlauf, auch die Traumatisierung von Oppenheimer bleibt da bis auf wenige visuelle Spielereien unbeantwortet. Einerseits schade, andererseits konsequent. Dafür werten die famosen Darsteller mit extremer Spiellaune den Film auf. Cillian Murphy war selten besser, Robert Downey Jr. nie so nuanciert nur die beiden weiblichen Darsteller Emily Blunt und Florence Pugh saufen da etwas ab. Diese Schwierigkeiten bleiben das Nolan-Problem, aber Oppenheimer zeigt auch seine größten Stärken. Immer dann wenn er sich auf seine Technik und Wissenschaft konzentriert, wenn die scharfen Dialoge so leicht über mehrere Zeitebenen jongliert werden, irre visuelle die Leinwand erleuchten, der Sound den Saal zum Beben bringen oder die letzte Zeile des Filmes Gänsehaut hervorruft. Den Film muss man sacken lassen, denn er hallt nach und verlangt unbedingt eine zweite Sichtung. Im größten Saal der Stadt.

Wer Lust auf eine umfangreichere Besprechung zu Oppenheimer hat, sollte in unseren Barbenheimer Podcast reinhören. Dieser erscheint am 31.07 hier und überall wo es Podcasts gibt. 

Regie: Christopher Nolan
Drehbuch: Christopher Nolan
Darsteller: Cillian Murphy, Matt Damon, Robert Downey Jr., Emily Blunt, Florence Pugh, Rami Malek, Kenneth Branagh, Josh Hartnett
Score Composer: Ludwig Göransson
Cinematographer: Hoyte van Hoytema
Altersfreigabe: 12
Lauflänge: 180 Minuten
Erscheinungsjahr: 2023
Budget: 100.000.000$

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures

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