Was hilft noch besser bei der Publicity eines Film als ein prominenter Name in der Darstellerriege? Richtig: Ein Skandal. Als The Hunt ins Kino kommen sollte, gab es in Amerika einen Amoklauf und rief wie so häufig die Waffengesetze in einen extremen Dialog in der Öffentlichkeit. Aus Angst, dass sich resultierend aus der Debatte ein Defizit an Kinogängern bildet entschied sich Universal Pictures dazu, The Hunt auf einen vorerst undatierten Termin zu verschieben. Die einzig logische Konsequenz daraus; ein extremer Hype der sich im Internet durch Foren und Filmseiten aufbaute und das allgemeine Fazit nach sich zog, dass der Film wohl so stark polarisierend sein muss, dass eine Verhinderung der Veröffentlichung das Beste für die Bevölkerung sein muss. Fortan bot sich dadurch die Möglichkeit an den Film mit folgendem Spruch zu bewerben: The Most Talked About Movie Of The Year That No One´s Actually Seen.
Damit liegt die Marketingabteilung natürlich goldrichtig, auch wenn im Vorfeld jedem hätte klar sein müssen, dass hinter dem Hype natürlich kein regimekritischer Film liegt, sondern viel mehr ein zynisches Statement zur Situation der Vereinigten Staaten. Das ist ein Umstand wofür der Film selbst natürlich nichts kann. Und es ist leider der falsche Weg gewesen, den Film aufgrund eines Amoklaufs zu verschieben. Gerade in dieser Zeit hätte dieser Beitrag für ordentlich Zündstoff in der Diskussion gesorgt, gerade weil er den gängigen Klischees der Battle Royale Filme den Kampf ansagt. Wohinter sich im japanischen Klassiker noch ein gesellschaftskritisches Manifest voll poetischer Schönheit versteckte, wurde der Kampf der armen „Hühner“ gerade im Survival-Slasher immer als Umstand von fiesen Spielen geisteskranker Psychopathen umfunktioniert. Doch was wenn sich eben keine Killer hinter der Identität der Mörder verstecken?
Sondern Anzug-tragende reiche weiße Amerikaner die in ihrer Freizeit eben einfach auf die Jagd gehen weil das mit Geld gesegnete Wohlstandsleben in Monotonie versinkt. Dabei nimmt The Hunt zu keiner Sekunde ein Blatt vor dem Mund sondern tritt den Absatz eines Stöckelschuhs innerhalb von 5 Minuten in den Kopf eines unschuldigen Partizipanten. An Dialog oder Statement ist Craig Zobel dabei zu keiner Sekunde interessiert, sondern versteht seinen Film, wie bereits erwähnt, als zynische Satire mit extremen Blutzoll. Dabei schlägt die Geschichte immer wieder Haken wie zu Beginn. Auf einer Wiese wachen diverse Menschen auf unter denen sich zahlreiche bekannte Schauspieler verstecken. Doch statt dass sich der Film damit zufrieden gibt, blinzelt der Zuschauer und eine abgefahrene Gewalteskaltion flimmert über den Bildschirm bei der nahezu alle Prominenten den Löffel abgeben. Und kurz danach gibt es eine Szene in einer Tankstelle bei der der Spieß direkt umgedreht wird und aus Jäger die Gejagten werden. Dabei eröffnet sich die Marschroute der Femme Fatale.
Betty fucking Gilpin. Die Abwandlung des klassischen Final Girls mit dem Unterschied, dass nicht sie diejenige ist die sich als letztes mit den Killern auseinandersetzen muss, sondern sie das letzte ist, was jene sehen. Allein sie ist ein Grund dafür, warum The Hunt so famos funktioniert. Weil sie als starke Führungskraft mit großer Spielfreude durch das Geschehen heizt und in den intensiven Actionszenen ordentlich austeilt. Als Actionfilm taugt der Film ohnehin lupenrein und hat neben blutrünstigen Toden gerade gegen Ende einige tolle Kämpfe. Man darf sogar so weit gehen zu sagen, dass The Hunt ein kleiner Genremeilenstein werden würde, wenn ihm nicht in der Mitte dermaßen die Puste ausgehen würde. Nach einer bitterbösen Szene in einem Zug verschleppt sich das Tempo und die Narration dümpelt vor sich hin ohne großen Fortschritt. Es dauert leider bis zum mehr als zufriedenstellenden Finale, dass die Kreativität und das Tempo zurückgefunden wird.
Dafür dann in einem Finale, welches in einen dermaßen übertriebenen Kampf ausartet ganz zum Vergnügen des Zuschauers. Natürlich darf man nicht mit der Erwartungshaltung eines Skandalfilmes an The Hunt herangehen, dann zerstört man sich den Film direkt im Vorfeld. Viel mehr als schwarzhumorigen Actionfilm mit einer der besten weiblichen Performances des Jahres. Für den anspruchslosen Gorehound wartet hier übrigens auch genug Saft zur Sättigung. Auch wenn man sich einen anspruchsvolleren Diskurs hätte wünschen können muss man sagen: Das Ding hier bockt schon mächtig. Auch wenn das Pacing für 90 Minuten leider etwas zu holprig geraten ist. Aber wer kann da schon ernsthaft böse sein?
Regie: Craig Zobel
Drehbuch: Nick Cuse, Damon Lindelof
Darsteller: Betty Gilpin, Hilary Swank, Ike Barinholtz, Emma Roberts,
Score Composer: Nathan Barr
Cinematographer: Darran Tiernan
Altersfreigabe: 18
Lauflänge: 90 Minuten
Budget: 14.000.000$
Box-Office: 10.568.672$
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures