Host movie review

Host

von Sean Theumer

“Hätten wir eine Umfrage zum Beginn der 31 Days of Fright gestartet mit der Frage: Welcher ist euer liebster Horrorfilm des Jahres 2020?”, sind wir uns sicher, dass nahezu jeder das Jahr 2020 genommen hätte. Manchmal ist die eigene Realität schauriger als es Filme darstellen können. Doch es hilft auch einem Horrorfilm ungemein wenn das Szenario greifbarer wirkt als übernatürlicher Spuk, da wir uns gerade dann in Szenario besser hineinversetzen können. Was passiert also wenn man ein bekanntes Klischee des Horrorkinos mit einer aktuellen App verbindet, die in vielen Bereichen der Gesellschaft durch die Pandemie Verwendung gefunden hat? Das hat sicher auch Rob Savage gefragt als er Host inszeniert hat. Wo wir noch Unilesungen, Tagesmeetings oder soziale Interaktionen mit der App verbunden haben dient sie hier als Aufhänger wahren Terrors.

Wer uns seit längerem liest wird wissen, dass wir eine Schwäche für Indie-Horror haben der aus den kleinsten Mitteln die effektivste Wirkung herausholen. Wo Unknown User mit seiner Desktop-Inszenierung zwar visuell innovativ agierte aber dank miserabler Darsteller, offensichtlichen Schnitten und einem verkorksten Ende eine riesige Enttäuschung war, setzt Host diesen Terror so brutal effektiv um, wie man es selten von einem modernen Horrorfilm kennt. Ein ganz normales Zoom-Meeting bekommt einen schaurigen Twist als sich eine Gruppe von Freunden dazu entschließt eine Teufelsbeschwörung zu starten. Ein Motiv wie wir es zuhauf sehen mussten. Doch hier geht es voll in die Fresse.

Denn für Ballast gibt es ohnehin keinen Platz. 57 Minuten ist Host lang inklusive Abspann. Nicht mal eine Stunde Zeit ist übrig für eine Abfolge an Aktionen für die James Wan im Jahr 2016 noch 137 Minuten brauchte. Dass dabei Knall auf Knall folgt sollte dem Zuschauer klar sein. Gewiss gibt es auch hier nur stereotypische Charaktere und man bedient sich bei einer Vielzahl an Klischees. Aber wenn hier nach 15 Minuten wortwörtlich die Holle losbricht sollte man sich anschnallen. Im kontemporären Horrokinos darf man sich bei gefühlt jedem zweiten Film über den Einsatz von Jump-Scores bedienen einfach weil es sich um ein billiges Spannungsmittel handelt. Laute Töne machen die Darstellung nicht gruseliger wenn der Einsatz aus Willkür geschieht oder der Zielgruppe anbiedernd für Schocks generiert wird. 

Auch Host setzt fast vollständig auf Jump-Scares aber kreiert diese auf eine natürliche Weise und meist ohne künstliche Töne, dass schon früh eine Effizienz erkennbar wird. Da wir das Geschehen als unsichtbarer Teilnehmer des Meetings wahrnehmen und ähnlich ahnungslos sind wie die Protagonisten schafft das eine greifbare Atmosphäre und lässt das heimische Wohnzimmer zu einem extrem unangenehmen Ort werden. Nahezu im Minutentakt gibt es beunruhigende Bilder, fiese (und das meine ich so wie ich es hier schreibe) unerwartete Schocks und eine Konsequenz am Ende, dass man sich schüttelt wenn der Abspann einsetzt. Der gerade wenn man meint, das Böse endlich überstanden zu haben gibt es in der letzten Sekunde einen bestialischen Buh-Moment, dass das Herz im Schoß sitzt und der Puls mit 370 die Hände dazu animiert nach einem Glas Wasser zu greifen. Wer von euch wirklich von allen guten Geistern verlassen ist, macht das Zimmer komplett dunkel, legt sich mit Handy oder iPad ins Bett, setzt die Kopfhörer und startet den Stream. 

Host gibt es hierzulande leider nicht zum Streamen, auch wenn ihr den Shudder-Channel auf Amazon abonniert habt. Ihr müsst über VPN auf das amerikanische Prime Video zugreifen und dort dann im Shudder Channel nach dem Film suchen. Wer keine Lust auf ein Abo dort hat, kann auch eine kostenlose 7-tagige Testphase starten!

Empfehlenswert für Halloween weil: es die brutale Effizienz ist, die Host zu einer kleinen Genreperle macht. Wer lange keinen schweißtreibenden kurzen Horrorfilm mehr gesehen hat, der so viele gut platzierte Schockmomente besitzt, dass man gar nicht daran denkt etwas in der Hand zu halten, wird hier sein blaues Wunder erleben! Aber auch für Freunde des stillen Grusels gibt es hier genug schleichende Gänsehautmomente. Host ist ein schonungsloser Horrorfilm der hoffentlich bald auch hierzulande die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient!

Host Poster

Regie: Rob Savage 
Drehbuch: Gemma Hurley, Rob Savage, Jed Sheperd 
Darsteller: Haley Bishop, Jemma Moore, Emma Louise Webb, Caroline Ward, Alan Emrys
Sound Designer: Calum Sample 
Editor: Brenna Rangott 
Altersfreigabe: 16 (Empfohlen)
Lauflänge: 57 Minuten
Budget: Unbekannt
Box-Office: VoD

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Shudder

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