Qualitativ könnte die Serie American Horror Story unterschiedlicher nicht sein. Wirkte Staffel 1 noch so als müsste man allen ikonischen Horrorszenen ordentlichen Tribut zollen, hatte Asylum ein tolles Mash Up verschiedener Subgenre, deren Intensität und Atmosphäre die dritte Staffel nicht im Ansatz das Wasser reichen konnte. Freakshow fokussierte sich weniger auf Horror, sondern erzählte auf historischem Bett eine tolle Charaktergeschichte, das tempotechnisch etwas unausgewogen war. „AHS: Hotel“ verbindet blutrünstigen Horror mit Charakterentwicklungen, wirkt jedoch etwas abgeguckt von Guillermo del Toros Vampirserie „The Strain“.
Dabei empfiehlt es sich die 12 Folgen ohne zu großes Vorwissen zu erleben, da sich daraus zu differenzierte Erwartungshaltungen ergeben. In der Rahmenhandlung geht es um den Polizisten John Lowe (Wes Bentley), der einem Serienkiller auf der Spur ist, der nach den 10 Geboten mordert. Während seiner Investigation verschlägt es ihn in das Hotel Cortez, in denen nicht nur merkwürdige Dinge geschehen, sondern auch die mysteriöse Countess dafür sorgt, dass Menschen spurlos verschwinden. Was folgt ist eine Hybridisierung verschiedener Genre, die mal mehr und mal weniger gut kombiniert werden. Das Spektrum reicht von monströsem Splatter, spannender Killerhatz, dezentem Horror, Charakterdrama und verkitschter Schmonzette mit repetitiven Einsträuungen.
In seinen stärksten Momenten, zu denen besonders die ersten beiden Folgen gehören, wirken die ehrenden Motive des Hotels in Verbindung mit frischem Wind auf das Vampirgenre erfreulich individuell. Wenn die Kamera durch die düsteren Gänge fährt und am zwei kleine Kinder in einem Türrahmen stehen, erinnert das nicht nur an Stanley Kubricks „The Shining“, sondern repräsentiert die Stimmung der ersten Hälfte. Merkwürdige Kreaturen, die sich aus den Matratzen erheben und Besucher terrorisieren, Blutsauger die, ohne Fangzähne ihren Opfern die Kehlen durchtrennen und sich an diesen festsaugen, damit den Lebenssaft nur so durch die Gegend schleudern und eine Charaktervielfalt die größer nicht sein könnte. Seinen ersten kleinen Höhepunkt erreicht die Inszenierung wenn sich ein wahrer Blutregen zu „Spellbound“ von Siouxsie and the Banshees erhebt. In Episode 5 offenbart sich ein Tabubruch der in einem fiesen Exzess endet und im Gegenteil zu manch anderer Folgen problemlos von FSK mit einer Altersfreigabe ab 16 abgesegnet wurde. Dabei sieht der Zuschauer handgemachte Bluteffekte und detaillierte Kehlenschnitte, die oftmals in Verbindung mit schwarzem Humor kombiniert werden.Desweiteren schafft es „American Horror Story: Hotel“ wirklich gut seine Charaktere zu etablieren und versucht diese aufgrund vieler Flashbacks von ihre schablonisierten Oberfläche zu befreien.
Dabei offenbart sich allerdings eine der größsten Schwäche der Serie. Die Narration ist alles andere als stringent und so springt das Geschehen zwischen die Jahre wie ein Flummi. Ein kurzer Abstecher ins Jahr 2015, Vergangenheitsgeschichte im Jahre 1982, eine noch frühere Vergangenheitsgeschichte um 1920 und eine Vision im Jahr 2023. Es fällt dabei manchmal schwer zu differenzieren, welche Zeitebene sich auf welchen Charakter auswirkt denn [(SPOILER!!!) in den Geschichten der verschiedenen Charaktere tauchen bereits andere als Verstorbene auf und laufen durch die Korridore als Geister. Besonders im Mittelteil fallen die repetitiven Liebschaften und Gefühlsintrigen der Countess unangenehm ins Tempo und „American Horror Story“ verschreibt sich zu penetrant der Sexploitation und langweilt, da durch das amerikanische Wertungssystem die explizite Nacktheit nicht toleriert wird. Wie bereits zu Beginn erwähnt, lässt sich ein Vergleich mit „The Strain“ nicht vermeiden. Wird in Guillermo del Toros Serie das Virus durch Infektion eines Wirtes verbreitet mit Fokussierung auf gesellschaftlichem Kollaps, wird in Episode 4 die Rettung eines Kindes durch Weitergabe gezeigt. In Episode 5 infiziert das Kind seine gesamte Klasse. Damit distanziert sich die Inszenierung von dem eigentlich Tempomonopol, dem Hotel, was an sich nicht schlecht ist, wäre der Mittelteil nicht schon schleppend genug. Er hängt im Brocken wie ein Kloß den man nicht los wird. Auch der Twist kann da leider kaum Aushilfe schaffen, denn der kündigt sich leider zu früh an.]
In den letzten Folgen fängt sich die Geschichte wieder und spaltet sich komplett vom Horrorgenre ab, indem das Charakterdrama abgerundet wird. Resümierend betrachtet bietet „American Horror Story: Hotel“ gelungene Unterhaltung, bei dem der Zuschauer allerdings nicht mit etwas düsterem wie einst in Staffel 2 rechnen darf. Das Universum expandiert sich mit vielschichtigen Charakteren, tollen Darstellern und Gewaltorgien, die man gelegentlich mit „Banshee“ vergleichen darf. Einzig allein der Mittelteil häuft sich zu einem repetitiven Soapklumpen mit wenig Abwechslung an. Etwas schade ist das schon, denn so steht Ultrakunst mit Langeweile in Kontrast und hinterlässt verstärkt den Eindruck, dass eine Staffel mit 10 Folgen deutlich besser wäre.