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Ghostwatch

von Sean Theumer

Ghostwatch, unter der Regie von Lesley Manning und ursprünglich als einmaliges Halloween-Special für die BBC konzipiert, ist ein faszinierendes und provokantes Fernsehstück, das 1992 die britische Medienlandschaft nachhaltig beeinflusste. Die Sendung, die anfangs als Liveübertragung eines vermeintlich authentischen Spukvorfalls in einem Londoner Vorort angekündigt wurde, führte aufgrund ihrer realitätsnahen Darstellung und ihrer innovativen Mischung aus Dokumentation und Fiktion zu einer regelrechten Kontroverse. 

Viele Zuschauer hielten das Gezeigte für echt und waren entsetzt, als sich die Geschehnisse zuspitzten und paranormale Phänomene Einzug in das Studio fanden. Der darauf folgende Sturm an Beschwerden und Diskussionen in den britischen Medien etablierte Ghostwatch als ein Werk, das nicht nur Angst verbreitete, sondern auch die Grenzen des Geschichtenerzählens und des Mediums Fernsehen komplett neu definierte.Inhalt und StilDie Handlung von Ghostwatch spielt in einem durchschnittlichen britischen Vorstadt-Bungalow und wird als Live-Dokumentation präsentiert, bei der die bekannte Fernsehpersönlichkeit Michael Parkinson das Publikum durch die Ereignisse führt. Ihm zur Seite stehen weitere prominente BBC-Moderatoren wie Sarah Greene und Mike Smith, die ebenfalls die Spannung des Abends zu spüren bekommen. Die Prämisse ist simpel: Ein Team von Fernsehmachern ist zu Besuch bei einer alleinerziehenden Mutter und ihren zwei Töchtern, die von einem Poltergeist namens „Pipes“ heimgesucht werden. Während zunächst nur harmlose, aber verstörende Geräusche und visuelle Effekte zu bemerken sind, entwickelt sich das Szenario bald zu einem echten Albtraum. 

Mit dieser suggestiven Herangehensweise inszeniert Manning eine geschickt aufgebaute Steigerung von subtilen Andeutungen zu schockierenden Ereignissen.Besonders beeindruckend ist die Detailgenauigkeit, mit der Ghostwatch das Illusionistische mit dem Authentischen vermengt. Die Inszenierung verzichtet weitgehend auf extravagante visuelle Effekte und setzt stattdessen auf geschickt eingesetzte Geräusche, Schatten und schnelle Bildausschnitte, die das Publikum unwillkürlich an der Realität zweifeln lassen. Diese Technik verleiht dem Geschehen eine beklemmende Authentizität, die die Zuschauer in das Gefühl einer live übertragenen Dokumentation hineinzieht. Die Präsenz von echten BBC-Journalisten verstärkt diese Illusion zusätzlich, sodass der Horror, der langsam und schleichend Einzug hält, immer realer und bedrückender wird.Dass Ghostwatch als Täuschung wahrgenommen wurde, war nicht nur die Folge der geschickten Inszenierung, sondern auch einer grundlegenden Annahme, die das Fernsehen selbst in den frühen 1990ern noch dominierte: das Vertrauen in die Seriosität öffentlich-rechtlicher Programme. Die Zuschauer wurden mit den zunehmenden paranormalen Aktivitäten im Laufe der Sendung so konfrontiert, dass viele tatsächlich glaubten, einem echten Spuk beizuwohnen. Diese Täuschung führte zu einem moralischen Aufschrei in Großbritannien und mehr als 30.000 Zuschauerbeschwerden. 

Es kam zu Berichten von Kindern, die unter Angstzuständen und Schlafstörungen litten, und sogar zu einer angeblich darauf zurückzuführenden posttraumatischen Belastungsstörung eines Zuschauers.Die Reaktionen waren so stark, dass die BBC das Programm nach der Erstausstrahlung für viele Jahre nicht wiederholte und Ghostwatch lange Zeit als „verbotenes“ Stück der Fernsehkultur galt. Diese Kontroverse hat gezeigt, dass das Vertrauen der Zuschauer in ein Medium auch missbraucht werden kann, um eine beispiellose Illusion zu erzeugen – eine faszinierende und riskante Entscheidung, die heute nur selten eine vergleichbare Wirkung hätte, da das Publikum durch ähnliche Werke wie Blair Witch Project oder Paranormal Activity inzwischen eine größere Medienkompetenz besitzt.

Die Rezeption von Ghostwatch in späteren Jahren hebt seine Rolle als Vorreiter und Pionier im Genre des Found-Footage-Horrors und der Mockumentary hervor. In vielerlei Hinsicht war es seiner Zeit voraus und beeinflusste das Genre in den folgenden Jahrzehnten nachhaltig. Filme wie The Blair Witch Project, der später als „Kultfilm“ im Found-Footage-Genre Berühmtheit erlangte, und TV-Formate wie Paranormal Witness oder Ghost Adventures bedienen sich ähnlicher Stilmittel, um die Angst und Verunsicherung der Zuschauer zu maximieren. Die Spannung, die sich aus dem Spiel zwischen Realität und Fiktion ergibt, findet ihren Ursprung im Konzept von Ghostwatch, das als eines der ersten Werke die Grenze zwischen beiden verschwimmen ließ und somit die Zuschauer unmittelbar involvierte.Mannings Werk ging damit über die reine Unterhaltung hinaus und eröffnete Fragen über die Verantwortlichkeit der Medien und die Manipulierbarkeit des Publikums.

 Es lädt ein zur Reflexion darüber, wie wir Medieninhalte konsumieren und inwieweit die Darstellung von Realität immer ein subjektiver und potenziell manipulativer Prozess ist. Auch in seiner technischen Herangehensweise bleibt Ghostwatch beeindruckend: Der Einsatz von Point-of-View-Kamerafahrten und das Spiel mit Lichteffekten, Geräuschen und zufälligen Schatten lassen die Zuschauer durchgehend in der Unsicherheit darüber, ob das, was sie sehen, tatsächlich geschieht.

Empfehlenswert für Halloween weil: Ghostwatch sich als ein wahrhaft bemerkenswertes Stück Fernsehgeschichte entpuppt. Es ist ein mutiges und experimentelles Werk, das die Zuschauer nicht nur zum Fürchten bringt, sondern auch die Position des Mediums Fernsehen auf den Prüfstand stellt. Die vermeintliche Dokumentation über das Unheimliche und Paranormale wird zur Metaebene, auf der nicht nur der Spuk im Zentrum steht, sondern auch die Rolle der Medien als Vermittler von Realität und Fiktion. Die psychologische Intensität des Films, seine überraschende Handhabung des paranormalen Themas und die präzise Arbeit von Regie und Schauspiel machen Ghostwatch zu einem zeitlosen Werk, das nach wie vor eine Wirkung entfaltet, die sich nur selten in Horrorfilmen finden lässt. Ein Film, der beunruhigt, schockiert und zum Nachdenken anregt – und dessen Einfluss auf das Genre noch immer spürbar ist. Und ein zweites Mal gucken lohnt sich direkt unmittelbar danach, denn der Teufel steckt im Detail. Beziehungsweise hier als Geist mehrmals im Hintergrund und in Spiegeln.

Und nun zum schwersten Absatz: Wir ihr gestern lesen konntet, war „Das Ding aus einer anderen Welt“ Robins letzter Text in diesem Blog nach 10 Jahren. 10 Jahre in denen sich ein unglaubliche Freundschaft entwickelt hat, die mittlerweile weit über das Filmschreiben hinausgeht und erste Pläne über das Filmemachen beinhaltet. Daher gehört der größte Dank der Welt ihm für die Energie die er in die Geeks gesteckt hat und wie oft er mir mit Rat und Tat zur Seite stand. Wir können auf so viele Meilensteine mit diesem kleinen Projekt zurückblicken. Die Zukunft von Inglourious Filmgeeks steht jedoch mehr als offen. Bereits die letzten 3 Jahren wollte ich immer wieder Energie aus den Frights schöpfen und mit nahezu täglichen Texten weitermachen, was leider nie funktioniert hat.

Auch für dieses Jahr habe ich einen Plan für den November gemacht mit 15 Texten, den ich versuchen werde einzuhalten, doch wenn dieser Plan scheitert, blicken wir auf 10 Jahre Inglourious Filmgeeks zurück und ich werde diesen Blog schweren Herzens einstampfen, da Geld und Zeit dafür einfach nicht mehr gegeben sind. Davon gehe ich aber nicht aus, da einfach zu viel an diesem Projekt hängt. Die Zukunft lassen wir Zukunft sein, ihr könnt euch morgen auf Terrifier 3 freuen und ich wünsche euch ein schauriges Halloween. Vielleicht läuft bei euch heute einer der 31 Filmtipps von uns und ihr habt die Zeit eures Lebens. Vielleicht guckt ihr wie ich heute Abend A Nightmare on Elm Street im Kino. Aber Hauptsache ihr macht das Beste aus der Nacht des Schreckens. Wir verabschieden uns von der Jubiläumsausgabe der 31 Days of Fright und hoffen ihr hatt genau so viel Spaß wie wir!

Eure Geeks

Die Bildrechte obliegen der ©BBC

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