Clint Eastwood-Retrospektive #9
„We weren’t land chasers, we were dream chasers.“
Es reichen die ersten paar Sekunden von Honkytonk Man, um den minimalistischen Stil in Eastwoods Regie auszumachen. Red ist ein mittelerfolgreicher Countrysänger, der sich mit seinem Neffen nach Tennessee aufmachen möchte, um ein Konzert in einem großen Theater ergattern zu können. Auf dem Weg machen sie Halt in ein paar Honkytonks (Bars) wo Red ein paar Auftritte hat, bevor sie weiterreisen. Red schert sich dabei weniger um Gesetz, lässt seinen Neffen trinken, fahren, kauft ihm sogar eine Prostituierte und klaut Hühner. All das wird jedoch nicht wirklich verherrlicht, oder kritisiert, sondern ganz einfach gezeigt. Der Neffe (Whit) sieht zum ersten Mal die Welt außerhalb des Hofes seiner Eltern. Er lernt das Leben außerhalb seiner hütenden und konservativen Familie kennen. Das mag zwar nicht immer legal und unanfechtbar sein, aber dafür ist es ehrlich. Auf den Punkt. Geradeheraus.
Ein Road-Movie kennzeichnet sich dadurch aus, dass die Reise als eine Art Metapher gesehen werden kann. Und so wird die Reise der Männer zu einem Trip voller Hoffnung, Träumen und der Suche nach Freiheit. Hierbei macht der Film deutlich, dass Freiheit nicht durch Geld, sondern durch Zusammenhalt und Vertrauen erlangt werden kann und dass die Vergangenheit eines Menschen diesen genau so charakterisiert, wie seine Träume und Wünsche.
Die Abstriche, die man leider machen muss, setzen sich hauptsächlich durch die Form zusammen und weniger durch den Inhalt, der zwar am Ende hin etwas zu viel des Guten wird, aber im Großen und Ganzen zu überzeugen weiß.
Vor allem nach einer Stunde nämlich, sind hier und da ein paar saftige Längen zu finden. Der Film tritt ein wenig auf der Länge und ist so im Gesamtkonzept wohl in etwa 20 Minuten zu lang. Das ist schade und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Auch dramaturgisch und technisch ist der Film nicht komplett ausgefeilt. Dann fällt eben doch hier und da auf, dass Eastwood noch eine weite Entwicklung vor sich hat. Die Ruhe in der Inszenierung besitzt er zwar, jedoch kennzeichnet sich diese noch nicht durch die Erhabenheit aus, die er sonst seinen Filmen verleihen kann.
Außerdem gibt es doch hin und wieder ein paar Momente, in denen der Minimalismus gefährlich Dilettantismus gleicht, was nicht ärgerlich, aber ein wenig belustigend sein kann. So ist der Schnitt zum Beispiel manchmal wirklich etwas kantig gesetzt.
Letzten Endes ist es jedoch vor allem die Musik, die in diesem Film überzeugt und ihn auch teilweise sehenswert macht. Es gefallen die musikalischen Stücke, die Eastwood zum Besten gibt. Nur hätte man sich gewünscht, dass man ihnen mehr Zeit eingeräumt hätte und dafür anderswo gekürzt hätte. Clint Eastwood beweist in diesem Film, dass er ein Mann mit vielen Talenten ist. Sein Schauspiel ist in Ordnung. Es könnte besser sein, aber das Drehbuch macht ihm da manchmal einen Strich durch die Rechnung, wenn es hier und da hölzern wie ein Floß ist und deshalb nicht so butterweich vorgetragen werden kann. Alles in allem aber nimmt man ihm den impulsiven Musiker mehr als ab. Interessant ist auch zu sehen, dass sein Neffe von seinem leiblichen Sohn dargestellt wird. Ergibt eine interessante Chemie. Mehr von Kyle müsste ich aber jetzt nicht unbedingt sehen. Mehr von Clint aber auf jeden Fall.
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