Der Fall um die Eiskunstläuferin Tonya Harding ging um die Welt. Nun macht sich Hollywood Gebrauch von dem Stoff und verfilmt das wahnsinnige Unterfangen mit Margot Robbie in der Hauptrolle. Hält I, Tonya das, was Trailer und Auszeichnungen (Oscar in der Kategorie Beste Nebendarstellerin) versprechen?
Während in vielen Biopics die dokumentarische Ruhe dominiert, ist es in I, Tonya der scrosese‘sche Pop-Einfluss mit reizüberflutenden Schnitten, knallbunten Bildern, Songs aus dem Mainstream und einer großen Prise schwarzem Humor. Alles in allem zielt der australische Indie-Regisseur, Craig Gillespie (Lars und die Frauen), auf ein modernes Erzählgewand. Der Unterhaltung schadet dies auf keinen Fall, schließlich vergehen die zwei Stunden Laufzeit wie im Flug. Jenseits der Oberfläche befinden sich dennoch heimtückische Schwächen.
Gillespie bezieht sich mit seinem Film stark auf die Interviews der Betroffenen, deren Gesamtbild sich wiederholend als widersprüchlich herausstellt. Das mag ein interessanter Erzählkliff sein, gerade da sich hier, anders als bei Scorseses Biopics, auf verschieden Ansichten explizit gestützt wird. Sonderlich innovativ oder erfrischend wirkt das Ganze jedoch nicht. Stattdessen müssen die Figuren dem Zuschauer auf die vielen widersprüchlichen oder scheinbar überspitzten Szenarien wiederholend hinweisen. Plakativ wird daran erinnert, dass es tatsächlich wahre Begebenheiten sind. Sonderlich witzig ist das nicht – nur peinlich. Schließlich zeigt es nicht von Raffinesse andauernd auf die Waghalsigkeit der Protagonisten hinzuweisen, wenn man es als Zuschauer selbst sieht. Doch Gillespie möchte nicht missverstanden werden und besteht auf jede Realiätserinnerung.
Lediglich ausgleichen kann dieses Unterfangen nur der grandiose Cast, der bis auf die letzte Rolle ausgezeichnet besetzt ist. Da gebe es neben Sebastian Stan als cholerischen Ehemann und Paul Walter Hauser als miserablen Kleinganoven die bestialische Mutter von Tonya, gespielt von Allison Janney. Sie gibt ihrer Figur nicht nur den nötigen Ekel, sondern auch zugleich eine höchstinteressante Tiefe, wie sie das Drehbuch nur teils erreicht hätte. Das verdient zweifelsohne den Oscar als Beste Nebendarstellerin. Zu guter Letzt wäre da natürlich noch Margot Robbie, die zwar eher durch ihre Physis beeindruckt als durch die charakterliche Tiefe, jedoch ganz klar auch einige Szenen für sich gewinnen kann.
I, Tonya ist kein Highlight unter den Biopics. Dafür ist seine Erzählung teils zu imitiert von Scorsese und an anderen Stellen lediglich nervendes Selbstloben. Wer jedoch nur auf kurzweilige Unterhaltung und gutes Schauspiel setzen möchte, wird hier mit diesen Ansprüchen durchaus befriedigt.
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