Clint Eastwood-Retrospektive #32
Clint Eastwoods Biopic über den Gründer des FBIs, J. Edgar Hoover, verspricht durch ein großartiges schauspielerisches Aufgebot und einer durchaus interessanten Thematik, ein großer Film zu werden. Weshalb er es letztendlich nun doch nicht wurde, das erläutern wir euch heute!
Edgar Hoover war ganze 48 Jahre Leiter des Federal Bureau of Investigation. Er ging in die Geschichtsbücher nicht nur als Gründer der Behörde ein, sondern zudem als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Hoover wurde gleichermaßen bewundert wie gefürchtet, trennte privates stets von beruflichem. Trotz seiner großen Bekanntheit fehlte es Hoover jedoch an menschlichem Kontakt.
Clint Eastwood baut seinen Film als Nacherzählung der Ereignisse auf. Ein gealterter Hoover, brillant dargestellt von Leonardo DiCaprio, blickt auf sein Leben und dessen Etappen zurück. Beginnen tut er bei seinem jungen Ich, dem aufstrebenden im Justizministerium arbeitenden J. Edgar. Eastwood erzählt feinsäuberlich von Hoovers Aufstieg vom No-Name zum berühmtesten FBI-Direktor. Dabei schneidet er immer wieder auch populäre Kriminalfälle wie die Entführung des Sohnes von Charles Lindbergh an, beleuchtet diese allerdings nur ganz nebenbei und emotionslos. Somit fällt es dem Zuschauer deutlich leichter, sich in den kühlen Hoovers hineinzuversetzen und die Geschehnisse aus seiner Sicht zu sehen. Die durch die Kälte mitschwingende Triste und auch Farblosigkeit wird durch die Faszination für diesen Mann, die in Eastwoods Erzählung mit einhergeht, gekonnt ausgeglichen.
Während sich „J. Edgar“ in den ersten beiden Dritteln überwiegend mit dem beruflichen Leben von Hoover beschäftigt, und bis dato die einzig private Komponente seine Mutter bleibt, verabschiedet sich Eastwood im letzten Abschnitt ganz plötzlich vom FBI-Direktor Hoover und bleibt mit der Kamera nur noch bei dem Mann, der diesen Direktor mimt. Dabei geht Eastwood insbesondere auf das homosexuelle Verhältnis von Hoover zu seinem langjährigen Kollegen Clyde Tolson, gespielt von Armie Hammer, ein. Doch beim Betasten von Hoovers Privatleben scheitert Eastwood, denn der Versuch den Film nun in ein sentimentales Drama umzuwandeln wirkt zu gezwungen und die Emotionen viel zu blass und aufgesetzt, als dass sie den Zuschauer wirklich mitnehmen könnten. Doch das liegt in keiner Weise an dem Schauspiel von DiCaprio oder Armie Hammer oder gar an der wirklich hervorragenden Maskerade, es ist vielmehr das an diesen Stellen viel zu seichte und zu wenig ausgereifte Drehbuch, dass dem Film hier jeden Wind aus den Segeln nimmt.
„J. Edgar“ ist als Biopic absolut sehenswert, auch wenn es wohl klüger von Eastwood gewesen wäre, es bei der biografischen Ebene zu belassen und nicht auf inszenierte Dramaturgie zu setzen. Für Fans von Biografien sei „J. Edgar“ allemal eine Empfehlung, andere Filmfreunden sollten allerdings ein gewisses Interesse für den Stoff mitbringen, da, wie schon erwähnt, der Film doch recht spröde ist.
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