Wer hätte am Anfang des Jahres noch daran gedacht dass ein kleiner Film wie Master Cheng in Pohjanjoki eine der größten Überraschung des Kinojahres 2020 wird. Natürlich wird das gemessen an der aktuellen Situation denn schließlich gab es wenig Konkurrenz in der kurzen Zeitspanne ohne Rahmenbedingungen zur Verhinderung der Pandemie. Dennoch muss man sagen dass der Film tatsächlich alles mit sich bringt was den Zuschauer glücklich macht aber daran liegt leider auch das größte Problem.
Master Cheng in Pohjanjoki ist ein charmanter kleiner Film der es schafft ein wohliges Gefühl zu transportieren und dabei zeitgleich auch so unbeschwert über die Bühne gebracht wird. Es beginnt in bester Culture Clash Manier, dass der erfahrene kocht Check Zusammen mit seinem Sohn in die finnische Provinz kommt und dort auf urigen Einwohner trifft. Im Restaurant der jungen Sirrka kommt es zu einer göttlichen Fügung als eine ganze Busladung chinesischer Touristen hungrig das Lokal aufsucht. Dank seiner Professur zaubert er mit geringen Mitteln ein Festmahl für die Touristen und bringt so nicht nur den Laden in finanziellen Umschwung.
Die gesamte Stimmung des Dorfes ändert sich und nebenbei beginnt auch die Liebe zwischen ihm und Sirrka zu wachsen. Und damit sollte direkt gesagt werden, dass Master Cheng in Pohjanjoki seine Zielgruppe absolut glücklich machen wird. Die Verschmelzung aus sündhaft leckeren Bildern locker geschwungenen Humor und die sanfte Annäherung der beiden Protagonisten ist niedlich anzuschauen und durch den nordischen Witz auch durch aus pointiert. Allerdings sorgt die Laufzeit von knapp 2 Stunden dafür dass dem Geschehen nach gut einer Hälfte die Luft ausgeht.
Köstliche Bilder reichen da leider nicht mehr um für Tempo zu sorgen. Im Gegenteil sogar Master Cheng in Pohjanjoki driftet in klischeebeladenes und schablonenförmiges Kino ab welches im Indiesegment so leider viel zu häufig auftritt. Der spirituelle Unterbau über die Heilkraft das Essens wirkt merklich deplatziert.
Viel schlimmer noch ist es dass die forcierte Freundschaft zwischen Cheng und den Bewohnern im Liebeskonflikt ständig als Wegbereiter dient, was in repetitiven Mustern ausartet. In der ersten Stunde wird locker leicht mit Vorurteilen gespielt, malerisches Essen zubereitet und die Beziehung zwischen Vater und Sohn verstärkt. Getragen von den überzeugenden Darstellern macht das auch wirklich Spaß.
Aber leider kann man sich nicht vollends auf seine Unbeschwertheit ausruhen und muss zwingend einen emotionalen Konterpunkt bringen. Gerade der Schlussakkord ist eine Wiederholung von beinahe soapartigen Dialogen in denen sich alles um die Situation des Liebespaars dreht. Wieso eine Partnerschaft unmöglich ist wird ständig neu begründet, doch einen mutigen Schritt traut sich Master Cheng in Pohjanjoki nicht. Das mag zielgruppenorientiert sein und ist nicht weiter schlimm. Niemand will nach zwei Stunden traurig auf der Couch sitzen. Doch etwas reduzierter mit knapp 90 Minuten Länge wäre das Gesamtergebnis deutlich runder geworden. So bekommen wir eine anspruchslose Komödie mit dem Herz am rechten Fleck die leider am Ende nicht ganz so richtig weiß wo sie hin möchte.
Dass der Film so ein großer Erfolg geworden ist liegt einfach daran dass er weiß was das Publikum von ihm möchte. Das mag in unserem Falle aufgrund der schieren Masse an gleich aufgebauten Filmen etwas fehlgeschlagen sein, doch wird bei euch sicher prächtig funktionieren. Einen frischen Facettenwechsel könnte das Programmkino allerdings auch so langsam bekommen. Aber sei es drum, wir bestellen jetzt erstmal köstliches chinesisches Essen!
Regie: Mika Kaurismäki
Drehbuch: Hannu Oravisto
Darsteller: Pak Hon Chu, Anna-Maija Tuokko, Lucas Hsuan
Score Composer: Anssi Tikanmäki
Cinematographer: Jari Mutikainen
Altersfreigabe: 6
Lauflänge: 114 Minuten
Erscheinungsjahr: 2019
Budget: 2,869,000€
Box-Office: Unbekannt
Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©MFA Film Distribution