Michael Mann-Retrospektive #4
Ehe sich Michael Mann an bildgewaltigen Formaten austoben konnte, musste er sich mit dem Fernsehformat zufrieden stellen. Doch auch wenn Showdown in L.A. eine TV-Produktion ist, bildet sie ein unentbehrliches Fundament für den darauffolgenden Werdegang des Action-Thriller-Pioniers. Sein späteres Remake des eigenen Filmes ist nämlich Heat.
Wie auch in dem mit Al Pacino und Robert De Niro besetzen Blockbuster von 1995 erzählt Showdown in L.A. von dem Heist eines italo-amerikanischen Gangsters, dem ein gerissener Vollblut-Cop auf den Fersen ist. Da seine Laufzeit nur die Hälfte seiner Neuverfilmung beträgt, ist demnach mit viel Inhaltskürzungen zu rechnen. So fehlt bspw. der Charakter der Stieftochter, der in Heat von Natalie Portman dargestellt wird. Interessant sind dabei die letztlichen Auswirkungen auf das Werk.
Manns Kampf mit dem TV-Format ist hier deutlich zu spüren. Wiederholt möchte er auf Intensität setzen, doch sind geradezu alle Szenen wie im Zeitraffer gekürzt. Das fällt besonders dann auf, wenn mehr Geschehen soll als Zeit vorhanden ist. Unter diesem Punkt muss besonders die Action leiden, die ohnehin schon den trashigen TV-Score mit schreienden E-Gitarren und softem E-Piano aus der Konserve tragen muss. Umso größer ist dafür der veraltete Charme, der sich damals noch schwer Ernsthaftigkeit erkämpfen wollte, während er heute durchgehend persifliert wird.
Dass das Drehbuch ebenso von Mann selbst stammt, ist hier pures Gold wert. Ohne sein Händchen für aufbauende Dramaturgie und zündenden Dialogen wäre wohl wenig Individualität übriggeblieben. Manche Passagen sind sogar so überzeugend, dass Mann sie in Heat eins-zu-eins übernommen hat. Sein Qualitätssiegel macht sich so in den ruhigsten Szenen sehr bemerkbar, welche im Falle von Showdown in L.A. die stärksten Stellen des Filmes bilden. Alles andere, so sehr sich auch bemüht wurde, ist sich durch zweitklassige Schauspieler, hektischer Schere und sparsamster Technik nicht zu retten. Noch dazu ist der Ausklang des TV-Filmes, welcher in Heat die bedeutsamste Wirkung hat, brachial belanglos – selbst für TV-Verhältnisse.
Der interessanteste Kliff bei dem Vergleich der zwei Filme ist die Zeichnung des Cops Vincent: In Heat ist man Zeuge einer tiefreichenden Charakterstudie des impulsiven Polizisten, der mit den Schatten seines Berufes und Privatlebens zu kämpfen hat. Ein dramaturgisch sehr notwendiger Punkt ist dabei das Verhältnis zu seiner Stieftochter, der die Bindung zu einem Vater fehlt. Auch wenn Vincent mit scheinbarer Distanz diese Lücke füllen möchte, versucht er zeitgleich das Grauen seines Jobs, welches er ebenso ungern mit seiner Frau teilt, von ihr fern zu halten. Zwar lebt sich jene Distanz übereinstimmend bei beiden Filmen aus, doch ist es bei Showdown in L.A. noch mit feinen Samthandschuhen behandelt worden. Die Figur Vincent flacht damit zu einem schwach beleuchteten Protagonisten ab, dessen Motivation eher eines Sterotypen gleicht.
Retrospektiv ist es sehr spannend sich Showdown in L.A. anzusehen. Er filtert das nötigste der Grundstory von seinem späteren Meisterwerk heraus und zwängt sich in ein äußerst unpassendes, aber belächelndes TV-Korsett. Wer die Ursprünge jenes Thriller-Meilensteins erforschen möchte, kommt hier definitiv auf seine Kosten. Allen anderen kann die Sichtung ziemlich egal sein.
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