Terrence Malick ist einer der faszinierendsten Regisseure aller Zeiten und gleichzeitig finden nicht viele Zuschauer Zugang zu den monströsen Werken, die er immer wieder inszeniert. Ob Gewaltkontrastierung zwischen der Brutalität des Krieges und dem Frieden der Flora und Fauna in Der schmale Grat, Sinnsuche und Schöpfungsmythos in The Tree of Life oder eine ganz eigene wuchtige Variante von Pocahontas in The New World. Malicks Filmografie ist vielschichtig, einzelne Filme monströse Meisterwerke, doch in den letzten zwei Spielfilmen schien er sich in Bilderfluten und und Monologen verloren zu haben. Knight of Cups gestaltete sich als schwebendes, nie enden wollendes und repetitives Treiben und To the Wonder, konnte nicht mit dem Streben nach unendlicher Liebe überzeugen. Mit Song to Song ist er jetzt aber wieder zu puristischer Form zurückgekehrt.
In einem Jahr, indem La La Land im Januar an die goldenen 50er Jahre erinnert hat, den Zuschauer mit einer quietschbunten Mischung aus schwungvollen Melodien, wilden Choreografien und einer Erfolgsgeschichte einhüllen konnte und die Träume nach Erfolg in uns allen wieder aufleben ließ, wirkt Song to Song wie eine komplette Konterkarierung. Keine Farben strahlen, die Suche nach Erfolg gestaltet sich als lüsterndes Geben und Nehmen, Drogen vernebeln die Sinne und verschleiern unsere Synapsen, sodass wir selbst nicht erkennen können, was wir in unserem Leben erreichen wollen.
Direkt zu Beginn sagt BV, dass Musiker andere Menschen von ihrem Leid befreien müssen. Sie müssen helfen, dass sie aus der rauen Fassade der Einengung des Alltags ausbrechen können, all das Leid und den Kummer in der Zusammensetzung von rhythmischen Tönen von ihrer Haut durch Tanz abschütteln können. Doch Faye bringt es durch ihre Gefühle auf den Punkt. Wir hoffen uns ein ganzes Leben von Lied zu Lied tragen lassen zu können. Reisen zu können von Schallwelle zu Schallwelle, um letztendlich erfüllt zu sein, ohne uns mit Drogen vollzupumpen, ohne uns auf unsere Sexualtriebe zu beschränken oder unsere Gefühle in ein Eisfach zu legen.
Es sind die Monologe, die Song to Song zu einer Reise machen, die durch Meditation und Auseinandersetzung mit sich selbst zu dem Trip wird, den wir wahrnehmen dürfen. Entschleunigt zeigt die Kamera Impressionen von wilden Exzessen, materialistischer Abhängigkeit und isolierten Depressionen. Begleitet dazu lassen die Charaktere ihre Seele sprechen, legen ihre Gefühlswelt offen und argumentieren mit sich selbst ob diese gelebte Sorglosigkeit den inneren Konflikt verschleiern kann. Mehr gibt es an der Oberfläche dieses Dramas nicht zu entdecken, man muss sich selbst damit beschäftigen.
Song to Song wurde von Kritikern verhältnismäßig negativ bewertet, vom Publikum ignoriert und ohne große Publicity nun im Heimkino veröffentlicht. Ich kann nur jedem empfehlen sich auf diese Reise einzulassen, denn auch wenn das ständige Monologisieren in Kombination mit schnell montierter Steadycam eine ganz eigene Dynamik entwickelt, verbirgt sich in Song to Song auch eine Auseinandersetzung mit uns selbst. Vielleicht erschüttert uns diese Geschichte, vielleicht setzen wir uns danach mit uns selbst auseinander und stellen fest, dass wir unsere Ängste und Zweifel auch nur unter dem Mantel eines Lächelns verstecken oder, wer weiß, vielleicht bewegt uns diese Selbstfindung noch für sehr sehr lange Zeit.
Mercy was just a word. I never thought I needed it. Not as much as other people do.
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