Distanzierte Gesellschaftsbilder mit bloßstellendem Humor sind zum einzigartigen Markenzeichen des griechischen Regisseurs Giorgos Lanthimos geworden. Somit passt sein Grundtenor in The Favourite wie gerufen in die kalte Welt des englischen Königreiches zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Zehn Oscar-Nominierungen machen seine schwarze Komödie zudem noch viel interessanter.
Sein wiedermal in Kapitel eingeteilter Spielfilm kennzeichnet bereits mit seinen jeweiligen Titeln eine gewisse Selbstironie, wenn sich diese immer in den ersten Minuten als willkürliches Zitat entpuppen. Die sture Ernsthaftigkeit zum bedeutungsschwangeren Stilmittel zu verfremden ist ebenso in den Dialogen auffindbar, wo der Jargon des Öfteren die gestellten Gesten seiner Figuren entblößt. In diesem Zusammenhang ist das weibliche Trio Colman, Stone und Weisz nötig zu loben. Diese überzeugen sowohl in Kombination, als auch einzeln wunderbar und schaffen alles in allem grandiose Darbietungen, wenn auch Weisz am schwächsten neben ihren drei Kolleginnen ausfällt.
Ganz eindeutig hat sich Lanthimos auch hier wieder von Kubrick visuell, wie auch erzählerisch beeinflussen lassen. Bereits in The Killing of a Sacred Deer spielte er mit der räumlichen Bedrücktheit eines Kubricks, wie auch mit finsteren Plotentwicklungen, die gleichermaßen mit Schadenfreude geschätzt werden kann. Doch Lanthimos geht weitaus komödiantischer mit seiner Erzählung um. Er belächelt nicht nur die damaligen politischen Verhältnisse, sondern viel mehr den Wahnsinn, dass diese noch immer aktuell erscheinen.
The Favourite mag durchaus als klassisches Intrigenspiel verstanden werden, doch besitzt das Geschehen einen bitteren Zynismus, der in Kombination mit seinem Humor eine vollkommen neue Geschichte schafft. Zwar steht er immer noch leicht im Schatten seines großartigen Vorgängers The Killing of a Sacred Deer, doch ist Lanthimos neuster Streich ganz eindeutig ein Statement für sich. Darüber hinaus ist sein repräsentierendes Motto „Arthaus goes Oscars“ eine erfreuliche Nebensächlichkeit – auch wenn es vielleicht nur der politischen Parallele verschuldet ist und nicht der genialen Songauswahl für den Abspann.
Alle Bildrechte obliegen dem Verleih ©20th Century Fox.