Everest

von Sean Theumer

Manchmal denke ich über die Zeit nach in der ich noch ein kleiner Junge war und meine Eltern mich mit einem Kinobesuch überrascht haben. Wie verzaubert ich war wenn sich fantasievolle und charmante Animationsabenteuer auf der Leinwand entfalteten. Dann denke ich über Klassiker nach, die ich in meinem Zimmer in den Videokassettenrecorder eingeschoben haben und durch mein Zimmer gesungen und getanzt habe beim Dschungelbuch. Und jetzt denke ich über die Animationsfilme nach, die sich heutzutage in die Kinos verirren und Kinder unterhalten sollen. Und frage mich ob sich die Generationen einfach so stark verändert haben oder heutige Filmemacher einfach nicht mehr wissen wie sie Kinder begeistern können. Everest ist ein Paradebeispiel.

Dabei will ich nicht verschmähen, dass der Film sowohl bei großen als auch bei kleinen Zuschauern gut bis sehr gut ankamen, sondern viel mehr an dem was mir aufgefallen ist verdeutlichen, wieso ich mit Filmen dieser Art nichts anfangen kann. Everest ist ein Film für die Familie und wird sicherlich auch im Heimkino gut für diese Zielgruppe funktionieren. Für mich allerdings ist der Film reines kommerzialisiertes Plastikkino ohne ein Gespür für Magie.

Beinahe alle großen Disneyklassiker oder Pixarwerke sind zeitlos. So zeitlos, dass jedes Live-Action Remake beweist wie unmöglich es ist dieses Gefühl in die heutige Zeit zu bringen. Und man muss nicht lange suchen um zu entdecken, dass Everest maßgeschneidertes Kino für den asiatischen Markt ist. An allen Ecken und Kanten will man sich einem großen Markt anbiedern und erzählt die Geschichte eines Yeti, der aus der Gefangenschaft flieht und nichts weiter möchte als endlich wieder in die eisigen Berge die er Heimat nennt zu reisen. Das junge Mädchen Yi hilft ihm dabei.

Everest Review

Aus dem Abenteuer wird allerdings ein Abhaken von bekannten Stationen dem die emotionale Durchschlagskraft fehlt. Der Konflikt von Yi, das Geigenspielen aus Tribut zu ihrem verstorbenen Vater endlich passioniert beruflich durchführen zu können wird dabei immer nur dann angerissen, wenn es die Dramaturgie benötigt. Frei nach Inszenierungskurve werden diese Szenen eingefügt wenn etwas Dramatik benötigt wird. Funktionieren tut das nur in den allerwenigsten Fällen. Das ist jedoch nicht das Problem von Everest.

Seine Figuren sind dabei blasse Hüllen. Und ohne richtige Identifikation oder Emotion fällt es schwer dabei mitzufiebern. Der fragwürdige leicht obszöne Humor und die aus der Rolle fallenden Actionszenen tun dabei ihr Übriges. Vielleicht ist es der Zeitgeist, weswegen ich mit dem Geschehen wenig anfangen kann. Freunde sagten mir, dass Kinder im Saal vor ein paar Monaten viel Spaß hatten und wer kann es ihnen verübeln? Niemand!

Leider verfehlt auch der Schlussakt sein Ziel. Wenn sich platte Absichten des Antagonisten äußern und Lawinen ganze Autos verschütten wirkt das alles sehr befremdlich. Nur mit den letzten Bildern erzeugt Everest dann trotz kalter Landschaft etwas familiäre Wärme, was auch an dem knuffigen Yeti liegt. Der ist wirklich gelungen und in seiner kindlichen Naivität herzerwärmend. Das war es leider auch.

Für Familien und Kinder bietet Everest seichte Unterhaltung und wird bei den ganz kleinen sicherlich prächtig funktionieren. Wer mit dem Dschungelbuch, König der Löwen oder Toy Story groß geworden ist, könnte hiermit jedoch große Probleme haben. Zielgruppenorientiertes Kino für den größtmöglichen Gewinn an der Kinokasse. Ein Film wie 90% der anderen Filme in den Lichtspielhäusern.

Everest DVD

Die Bildrechte obliegen dem Verleih ©Universal Pictures International Germany GmbH

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