Hinten ist die Ente fett: Um euch zum nähernden Ende unserer 31 Days of Fright nochmal ordentlichen Heißhunger auf Horror zu geben, wollen wir euch eine Perle der Filmgeschichte nicht vorenthalten. Dabei handelt es sich um David Cronenbergs perfides Body-Horror-Drama Die Fliege von 1986. Doch nicht nur seine schockierenden Effekte machten ihn zu dem Meilenstein, der er heute ist.
Die Neuverfilmung des SF-Klassikers mit Vincent Price übernahm lediglich die Grundidee des wissenschaftlichen Experimentes und Fehlschlags. Hauptbesetzt wurde der damalige Neuling Jeff Goldblum, der durch seine überragende Darstellung vollkommen zurecht später zum Blockbuster-Star mutierte. Darüber hinaus hat der Film zwei weitere unverzichtbare Stars zu bieten: Mit den Künsten des Maskenbildner Chris Wallas wird ebenso der bahnbrechende Score von Howard Shore schleichend präsenter. Ohne seinen Kompositionen, die manchmal an die der Studiokomponisten aus der Goldenen Ära erinneren, würde es der Dramaturgie an Feinschliff und Perfektion definitiv fehlen.
Während das Original eher als Retro-SF einzustufen ist, beschränkt sich das Remake in keiner Weise auf diesen Titel. Vielmehr ist er eine ausbalancierte Mischung aus Science-Fiction, Horror und vor allem Drama, wobei das Letztere erst durch die einnehmende Liebesgeschichte greifbar wird. Als jenes Genre entpuppt sich der Film am Ende sogar, dessen Erzählkunst spätestens durch den finalen Schnitt unverkennbar wird. So ähnelt das Drehbuch am passendsten einer quadratischen Fuktion, die nach einem langsamen Anstieg einen radikalen Schluss finden muss, ehe es unaufhaltsam gegen Unendlich strebt. (Mal wieder was gelernt.)
Zu Beginn ertönt der Score noch zum Intro, während er in der ersten halben Stunde des Filmes geradezu komplett verstummt und die Aufmerksamkeit und Spekulation des Zuschauers erzwingt. Hier möchte Kino endlich wieder als nahrhaftes Medium verstanden werden, das mit seinen Themen dezent umgeht um jeden seinen Schwerpunkt des Geschehens selbst findet zu lassen. Umso vielfältiger ist der Inhalt zu verstehen, in dem ebenso die vielen Seiten einer Beziehung zutiefst bewegend analysiert werden, als auch die grundwesentliche Gier des Menschen, sei es nach Kenntnis, Anerkennung oder gar Konsumgütern.
Cronenberg stellt die Frage nach dem Wert der Menschlichkeit und wie sie sich vom animalischen Wesen differenziert. Eine Antwort ist in gewisser Maßen nur subjektiv auffindbar. Lediglich die charakterliche Veränderung vom Wissenschaftler Brundle ist äußerlich zu sehen, doch stellt sich die immer größer werdende Frage, wie viel Mensch noch in ihm steckt. Die Egozentrik ist dabei von allen drei Haupt- und Nebencharakteren vorhanden: Brundles Freundin Veronica zieht aus dem anfänglichen Flirten ihren zukünftigen Erolg. Ihr Ex-Freund und Chef Stathis Borans sieht ihr zerstrittenes Verhältnis nicht als Grund, um sie und ihr Privatleben in Ruhe zu lassen. So sind alle um ihren eigenen Erfolg kämpfende Individuen, die in einem wellenschlagenden Finale aufeinandertreffen.
Es gibt wenige Remakes, die voll und ganz nötig sind. Die Fliege von David Cronenberg gehört ohne Zweifel zu jener kleinen Gruppe. Er schöpft nicht nur alle vorhandenen Mittel für die Realisierung eines Filmes aus, sondern geht mit ihnen unglaublich kontrolliert, ausgeglichen und präzise gewählt um, sodass hochkonzentriertes Erzählkino entsteht.
Empfehlenswert für Halloween, weil Cronenbergs Remake zu den besten Horrorfilmen aller Zeiten gehört. Zwar ist es eine ganz andere Art des Horrors, der viel mehr durch die Dramaelemente, Identifikation und dem umso mehr zündenen Ekel funktioniert, dafür eine enorme, eingreifende Wirkung hat.
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