Platz 4-2: Depression, eine aussichtslose Situation und Isolation
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4. Song to Song (Terrence Malick)
Es sind die Monologe, die Song to Song zu einer Reise machen, die durch Meditation und Auseinandersetzung mit sich selbst zu dem Trip wird, den wir wahrnehmen dürfen. Entschleunigt zeigt die Kamera Impressionen von wilden Exzessen, materialistischer Abhängigkeit und isolierten Depressionen. Begleitet dazu lassen die Charaktere ihre Seele sprechen, legen ihre Gefühlswelt offen und argumentieren mit sich selbst ob diese gelebte Sorglosigkeit den inneren Konflikt verschleiern kann. Mehr gibt es an der Oberfläche dieses Dramas nicht zu entdecken, man muss sich selbst damit beschäftigen. Song to Song wurde von Kritikern verhältnismäßig negativ bewertet, vom Publikum ignoriert und ohne große Publicity nun im Heimkino veröffentlicht. Ich kann nur jedem empfehlen sich auf diese Reise einzulassen, denn auch wenn das ständige Monologisieren in Kombination mit schnell montierter Steadycam eine ganz eigene Dynamik entwickelt, verbirgt sich in Song to Song auch eine Auseinandersetzung mit uns selbst. Vielleicht erschüttert uns diese Geschichte, vielleicht setzen wir uns danach mit uns selbst auseinander und stellen fest, dass wir unsere Ängste und Zweifel auch nur unter dem Mantel eines Lächelns verstecken oder, wer weiß, vielleicht bewegt uns diese Selbstfindung noch für sehr sehr lange Zeit.
3. Dunkirk (Christopher Nolan)
Dunkirk bot nicht nur einen der intensivsten Kinobesuche des Jahres, sondern erinnerte uns zeitgleich auch wieder daran warum wir das Kino einfach lieben. Es ist der Ort an dem sich Bilderfluten am Besten entfalten, die Spannung am greifbarsten ist und das Filmerlebnis an sich die beste Wirkung erzielt. Und Dunkirk hat uns über seine 100 Minuten voll im Griff, betäubt uns mit beängstigender Tonkulisse, umwerfenden Bildern und treibendem Soundtrack. Seine Geschichte über drei Zeitebenen erzählt sich auch ohne echte Protagonisten makellos, der Überlebenskampf presst uns in die Sitze und letztendlich sind wir froh, wenn der Abspann einsetzt und endlich wieder Zeit zum Atmen bleibt. Extremkino als massentauglicher Kriegsfilm ohne Patriotismus oder Gewaltfetischismus. Ich kann mich nicht erinnern, dass mich eine Explosion im Kino jemals so erschüttert hat wie in diesem Film. Ich habe gebetet, geweint, hatte Gänsehaut und wurde erneut daran erinnert, wieso ich Christopher Nolan so verehre.
2. It Comes at Night (Trey Edward Shults)
Ursprünglich sollte das Drama (welches sich im Trailer und Postern als Horrorfilm verkleiden muss) im September in Deutschland erscheinen. Doch nach den Pressevorführungen wurde der Starttermin auf den 19.1.2018 verschoben, während die Bluray in England seit dem 31.10 im Handel erhältlich ist. Und machen wir uns nichts vor, It Comes at Night wird im Kino vom vermeintlichen Zielpublikum so gnadenlos zerrissen und ausgebuht werden, da es statt generischen Schocks den depressivsten Indie-Film seit langer langer Zeit geben wird. Hier haben wir ein brillant gespieltes Charakterdrama in dem es viel mehr um den sozialen Kollaps geht, statt um Infizierte. Zwei Familien treffen nach der Apokalypse aufeinander und das Kammerspiel kocht sich zu einer punktuellen Analyse des Menschen in Extremsituationen hoch, welches mit einem radikal harten Ende noch lange nachhallt. It Comes at Night ist ein fieser, beängstigender Film mit zwei perfiden Horrorszenen, gut geschriebenen Charakteren und einem Joel Edgerton, den man spätestens nach dieser verstörenden Performance endlich mit einer goldene Trophäe in der Hand sehen will (aber er wird ja leider konsequent ignoriert). Der einzige Film, der dieses Jahr so knapp an einer 10 vorbei geschrammt ist. Aber in diesem Jahr ist nur ein Film das Maß aller Dinge!