Die Plätze 10-8
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10. 6 Years (Hannah Fidell)
Instagram-Farbfilter, dudelnder Indiepop, doch 6 Years ist kein entspannter Film. Man wird Zeuge, wie eine seit 6 Jahren anhaltende Beziehung mit dem Erwachsenwerden regelrecht auseinanderbricht und in ständigen Eskalationen, Vertrauensbrüchen und Gewalt endet. Man kann dem Film seine Plakativität vorwerfen, sagen, dass man Taissa Farmiga 80 Minuten dabei zusieht wie sie aus Realisierung eigener Fehler ständig die Haare durchwühlt oder dass das Drehbuch stets nur das Mittel zum Zweck vor Augen hält. Aber jeder Mensch, der einen solchen Beziehungsbruch am eigenen Leibe erfahren hat oder einen Freund hatte, dem er in dieser schweren Zeit helfen musste, wird emotional durchgerüttelt, lacht und genießt die Zärtlichkeiten während er in Erinnerungen schwelgt, wird auf den Boden der Realität gezogen und weint weil es nicht solche Kleinigkeiten sein können, die eine Bündnis zerbrechen. Die Hoffnung ist aussichtslos auch wenn man sie sich herbeisehnt, die Depression besitzergreifend. Mit Sicherheit ein hartes Seherlebnis mit tollen Hauptdarstellern, bei dem die Meinungen sicher zwischen Grandios und Schrott pendeln werden.
9. The Witch (Robert Eggers)
Mit „The Witch“ haben wir nicht nur die diesjährigen 31 Days of Fright eröffnet. Beim Kinobesuch im Mai hagelte es Buhrufe von einem Publikum, dass dafür gesorgt hat, dass Müll wie Ouija oder The Purge eine Fortsetzung bekommen hat oder direkt zum Franchise ausgebaut wurde und ebenfalls das Geld in die Mülltonne warf und einem der schlechtesten Horrorfilme des Jahrtausends (Annabelle) zu einem weltweiten Einspiel von 256!!! Millionen Dollar verholfen hat. The Witch ist ein Film der Vorstellung und Interpretation. Jede einzige Kritikerlorbeere ist gerechtfertigt. Schauriges Horrorkino, das großen Fokus auf seine Charaktere und deren Entwicklung legt und die zwischenmenschlichen Konflikte nach dem Vorbild von altertümlichen Ansichten wie ein tragisches Familiendrama inszeniert. Aufgebaut ohne Effekthascherei, entfaltet sich schnell eine unerträgliche Atmosphäre, die durch den Einsatz der klassischen Musik und der ruhigen Kameraarbeit an den Nerven zerrt. The Witch bleibt noch lange im Gedächtnis, verstört und fasziniert gleichzeitig und hat mit der Stallszene eine der unheimlichsten Szenen der letzten Jahre. Innovatives Kino mit starkem Ensemble, dass für Robert Eggers sicherlich einen Grundstein für eine vielversprechende Karriere legt.
8. Don’t Breathe (Fede Alvarez)
Es bleibt im Horrorsegment, besser gesagt im Subgenre des Home-Invasion-Thrillers. Im September floss ordentlich Schweiß in den deutschen Kinosälen und man wäre vor Anspannung schon fast selbst verleitet wurden, nicht zu atmen. Heutzutage noch etwas Originalität im Horror/Thrillergenre zu finden, lässt sich in etwa mit der Suche nach einem vierblättrigen Kleeblatt vergleichen. Terrorszenarien werden mit dämonischer Besessenheit infiziert, Slasher auf langweilige Jump-Scares reduziert oder es wird die Kommerzkuh gemolken, bis sich endlich zeigt, dass ein Franchise irgendwann ausgelutscht ist. Nachdem der uruguayischer Regisseur Fede Alvarez bereits mit seinem Evil Dead Remake beweisen konnte, dass er große Liebe zum Horrorgenre empfindet und nicht gezielt auf jüngere Altersklassen inszeniert, beweist er auch mit Dont Breathe, dass sein Erstlingswerk kein Glücksfall war. Es gelingt ihm nicht nur, dem Home Invasion Szenario durch Umkehrung der Täter/Opfer Seite frischen Wind einzuhauchen, sondern auch durch Sound Design und inszenatorischen Kniffen etwas noch nie Dagewesenes zu kreieren. Man bekommt einen der effektivsten Filme der jüngsten Zeit geboten, der seine heftigen Schocks kaum mit einer überlauten Tonspur erzielt, sondern sie aus realistischen Situationen aufbaut. Ganz ganz böses Terrorkino! Chapeau!