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Abschließende Worte zu unserer Clint Eastwood-Retrospektive

von Robin Längert

Heute, am 31. Mai, feiert die Regiegröße Clint Eastwood ihren 87. Geburtstag. Die vergangene zwei Monate über setzten wir uns intensiv mit der Filmographie jener Person auseinander. Heraus kamen 35 Rezensionen zu jedem seiner Werke. Dabei traten, erstaunlicherweise, die verschiedensten Filmgenres auf: Musikfilme, Sportfilme, Liebesfilme, Kriegsfilme, Actionfilme, Thriller, Komödien, Biopics, Western und ein Roadmovie, ebenso wie ein Science Fiction-Film und ein Abenteuerfilm. Es ist tatsächlich beeindruckend, welch eine Vielfalt in der sonst so monoton grimmig schauenden Person Clint Eastwood steckt.

In der Vorbereitungszeit kam es zu vielen Schwierigkeiten und deutlichen Zweifeln, ob wir, ein Hobbyblog, in der Lage sind ein solches Mammutprojekt stemmen zu können. Zwar mussten einige Termine aufgrund des Zeitdrucks hin und wieder nach hinten verschoben werden, doch das sollte beim Verfolgen unserer Retrospektive nicht allzu aufgefallen sein. Tatsächlich war es hart, besonders zum Anfang, sich solche Mengen von Filmen in kürzester Zeit anzusehen und zu bewerten, doch hat es sich in vollem Maße gelohnt. In diesem Zusammenhang sind wir ebenfalls besonders froh, dass die Artikel so zahlreich angeklickt und gelesen wurden. Darüber sind wir am meisten froh und bedanken uns hiermit bei allen, die uns dabei unterstützt haben.

Während manch ein Künstler kaum Anläufe braucht, um das Medium beherrschen zu können, dauerte es bei Eastwood eine ganze Zeit. Besonders in den 80er Jahren sah man erste Entwicklungen anhand seiner inszenatorischen Intensität, als Beispiele dafür Pale Rider und Bird. Dies sollte jedoch erst das Vorstadium seines unvergleichbaren Stils sein, welcher bei seinem Spät-Western Erbarmungslos das Licht betrat. Dieses vollends kontrollierte, auf das Wesentliche fokussierende Erzählkino gab seiner Vita letztlich den nötigen, unverzichtbaren Charakter. Dabei schien es nie so, als wolle er anderen Filmemachern die Stirn bieten – nein, Eastwood hat schon immer „sein Ding gemacht“ und blieb seinen Visionen treu. Dass ihm das ebenfalls zum Verhängnis wurde, stellte sich vor kurzem erst bei seinem Kriegsfilm American Sniper heraus, der von uns die niedrigste Wertung bekam.

Trotz einiger Ausfälle ist aus Eastwoods Filmographie viel wertvolles mitzunehmen. Besonders seine Gesellschaftskritiken, wie in Die Brücken am Fluss, Mystic River oder Gran Torino, bieten umfangreichen Diskussionsstoff und tiefreichende Inhalte. Nicht zu vergessen sei ebenfalls sein grandioses Double Feature Flags of our Fathers/Letters from Iwo Jima, bei dem die selbe Schlacht aus beiden Sichten erzählt wird. Den Letzteren drehte Eastwood sogar auf Japanisch, was aufgrund der hierzulande synchronisierten Fassung schnell vergessen werden kann.

Alles in allem war es uns eine große Ehre, sich mit Clint Eastwood auseinanderzusetzen und ihm in diesem Zusammenhang einen herzlichen Geburtstagsgruß zu wünschen. Ob man nach seinen letzten Filmen hofft, dass er noch weiterhin im Geschäft bleibt, sei an dieser Stelle zwar abzuwarten, doch ist ein neuer Kinofilm von ihm trotzdem immer mit Spannung zu erwarten.

Zum Abschluss präsentieren wir euch unsere gemeinsame Top 10 seiner Regiearbeiten, wofür jeder von uns vier ein eigenes Ranking erstellte und damit Punktzahlen für seine Favoriten abgab. Das Ergebnis seht ihr hier:

  1. Gran Torino
  2. Erbarmungslos
  3. Mystic River
  4. Letters from Iwo Jima
  5. A Perfect World
  6. Million Dollar Baby
  7. Invictus – Unbezwungen
  8. Mitternacht im Garten von Gut und Böse
  9. Der fremde Sohn
  10. Pale Rider/Die Brücken am Fluss

Hier die persönlichen Worte unseres Redaktionsleiters Sean zu der Retro:

Zugegeben, ich bin relativ vorbelastet in die Retrospektive gegangen, habe ich vor Beginn kaum Filme von Eastwood gesehen. Darunter zählte übrigens auch American Sniper, der mir die Vita aus persönlichen Gründen bereits im Vorfeld unter ein kritisches Licht gestellt hat. Doch eine Retro ist gleichzeitig auch dafür da, um sich mit dem Schaffen eines Regisseurs auseinanderzusetzen und, wie im echten Leben ist es oftmals von Vorteil, Vorurteile beiseite zu legen. Um mir einen großen Überblick zu verschaffen habe ich mich direkt für Vertreter jedes Jahrzehnts entschieden, da ich dachte, dass mir so die Weiterentwicklung am besten klar wird. Die 70er und 80er Jahre waren dabei eine echte Folter, waren Eastwoods Werke dort von Frauenfeindlichkeit, Propaganda und schlechter Inszenierung von Action/Thriller geprägt. Und nun kommt der Punkt, wieso ich froh bin, dass Robin eine Retro vorgeschlagen hat. Mir wären sämtliche Meisterwerke aus den 90ern und 2000ern unbekannt gewesen. Mit Erbarmungslos liefert er einen der besten Western aller Zeiten ab und bringt eine Regie und Inszenierung der Extraklasse. Diese Qualität sollte er beibehalten und zeigte mit Blood Work im Jahre 2002 auch eine Formwandlung im Thrillergenre, auch wenn seine nächsten Beiträge noch besser waren. Mystic River, Million Dollar Baby, Letters from Iwo Jima, Der fremde Sohn und sein Magnum Opus. Der beste Clint Eastwood, einer der besten Filme aller Zeiten: Gran Torino. Dieses packende Drama über Vorurteile und Rassismus stellte alles in den Schatten und markiert den Höhepunkt seine Karriere. Danach hätte besser Schluss sein sollen, verzeichneten seine letzten Werke doch klare Rückschritte und einen filmhistorischen Tiefpunkt. Es bleibt zu sagen, dass Eastwood seiner Rolle als polarisierender Regisseur absolut gerecht wird und doch bleibt er eine interessante Persönlichkeit, denn trotz vieler negativen Einschläge gibt es wenige Regisseure die es geschafft haben einen der besten Filme aller Zeiten und einen der schlechtesten Filme aller Zeiten zu inszenieren. Wer weiß welche Retro als Nächstes folgen wird, aber ich bin gespannt welche neuen Ansichten mir diese bringen wird.

Übersicht der Kritiken

Sadistico – Play Misty For Me (1971)
Ein Fremder ohne Namen (1973)
Begegnung am Vormittag (1973)
Im Auftrag des Drachen (1975)
Der Texaner (1976)
Der Mann, der niemals aufgibt (1977)
Bronco Billy (1980)
Firefox (1982)
Honkytonk Man (1982)
Dirty Harry kommt zurück (1983)
Pale Rider – Der namenlose Reiter (1985)
Heartbreak Ridge (1986)
Bird (1988)
Weißer Jäger, schwarzes Herz (1990)
Rookie – Der Anfänger (1990)
Erbarmungslos (1992)
A Perfect World (1993)
Die Brücken am Fluss (1995)
Absolute Power (1997)
Mitternacht im Garten von Gut und Böse (1999)
Ein wahres Verbrechen (1999)
Space Cowboys (2000)
Blood Work (2002)
Mystic River (2003)
Million Dollar Baby (2004)
Flags of our Fathers (2006)
Letters from Iwo Jima (2006)
Der fremde Sohn (2008)
Gran Torino (2008)
Invictus – Unbezwungen (2009)
Hereafter – Das Leben danach (2010)
J. Edgar (2011)
Jersey Boys (2014)
American Sniper (2014)
Sully (2016)

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