Platz 10: All My Loving von Edward Berger
Der deutsche Episodenfilm vom Patrick Melrose-Regisseur kam im Durchschnitt nur mittelmäßig bei der Kritik und dem Publikum an. Das mag besonders an seiner emotionalen Distanz liegen, die hin und wieder bemängelt wurde. Demnach sei vorweg zu sagen: Wer mit Filmen Lara von Jan-Ole Gerster oder First Man von Damien Chazelle wenig anfangen konnte, wird hier definitiv auch nicht den Sprung schaffen. Für alle anderen sei gesagt, dass dieses interessante Geschwister-Konstrukt seine Zeit braucht, um sich entfalten zu können. Denn oft sind es nur ein paar Momente, die die Hinführung zu einer emotionalen Wucht entknoten und einen vollkommen sprachlos hinterlassen. Auch wenn die dritte Episode die meisten Schwächen besitzt, sind er vor allem die ersten zwei (ganz besonders die zweite Episode), die wissen, wann welcher Ton gespielt werden muss, um den Zuschauer unerwartet zu treffen. Ein sehr unterschätzter, deutscher Film, der von dem einen oder anderen noch nachgeholt werden sollte.
Platz 9: The Sisters Brothers von Jacques Audiard
Wenn ein Europäer einen Western dreht, dann sicherlich keinen klassischen im Schönheitsgewand. Das zählt ganz besonders bei Audiards Genrebeitrag, der nur auf dem ersten Blick den geraden Abenteuer-Weg geht. Denn unter der Oberfläche brodelt es von Genre-entstellenden Details, die die monoton-hetero-maskuline Cowboywelt mit heimlich masturbierenden oder auch schlicht homosexuellen Männern dekonstruiert und sie mehr in der Realität verankert. Das passiert alles recht unauffällig, bis es zu einem zutiefst verstörenden Ausbruch kommt, der bis ins Knochenmark erschüttert. Dass Audiard nicht einfach auf jenen Moment hinarbeitet, sondern diesen auch kurze Zeit später tonal übergeht, zeigt doch noch seine Liebe zum ausgestorbenen Genre, was zu einem respektablen Gesamtbild führt. Darüber hinaus sind es mindestens die vielen Stars (John C. Reilly, Joaquin Phoenix, Jake Gyllenhaal, Riz Ahmed) wert, sich diesen modernen Western anzusehen.
Platz 8: If Beale Street Could Talk von Barry Jenkins
Die Messlatte war hoch gesetzt nach Jenkins Meisterwerk Moonlight. Und ja, in die Nähe dieser Qualität zu kommen ist auch kein gerechter Anspruch. Nur blöderweise wurde sich bei Produktion seines zweiten Filmes dazu entschieden den gesamten Film digital zu drehen, was durchaus ästhetisch ansprechender hätte umgesetzt werden können. Doch das mag nur das einzige Manko bei Beale Street sein. Denn nichtsdestotrotz besitzt er immer noch die elegante Handschrift seines Regisseurs, wie auch die des Moonlight-Komponisten Nicholas Britell, die gemeinsam zu einer intensiven, melancholischen Kunst-Sogkraft werden. Zwar handelt das Liebesdrama indirekt über Rassismus, doch wie besessen versucht die Atmosphäre und damit auch die Liebe der beiden Protagonisten den Hass in ihrem Leben auszublenden. Das mag für dezente Stiche ins Herz sorgen, doch ist es alles in allem ein schwelgerischer Appell an die Liebe, die soviel stärker sein kann und muss als jeder Hass auf der Welt.