Was habe ich in der Mitte des Jahres geflucht, dass die Jahresbestenliste äußerst mangelhaft bestückt ist. Im Juni noch hatte ich gerade so 5 Filme in meiner Statistik die ich mit drei Sternen oder höher bewertet habe. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits über 200 Filme gesehen, doch keine wirklichen Highlights. Wer hätte da gedacht, dass ab Kinosommer das Jahr doch noch so aufblüht? Niemand, absehbar war es nämlich nicht. Im Rückblick bin ich relativ zufrieden mit dem Output, auch wenn sich nur 4 Filme als absolute Meisterwerke entpuppten.
10. Der goldene Handschuh (Fatih Akin)
Der goldene Handschuh zeigt, dass der deutsche Film nicht nur bekannte Witzmuster mit den immer wiederkehrenden Darstellern auf den Zuschauer loslassen kann, sondern auch den Mumm hat ordentlich zu schockieren. Statt die Geschichte des Fritz Honka ähnlich emotional aufzublasen wie seinen Vorgängerfilm „Aus dem Nichts“, entscheidet sich Akin hier für die Position des unsichtbaren Beobachters. Aufgrund dieser Distanz sorgen die Hoffnungslosigkeit und rabiate Brutalität für ein Filmereignis, welches man so schnell sicher nicht wieder vergessen wird. Mit dem Wunsch sich erst einmal duschen zu gehen entlässt der Abspann zur Ruhepause, wo andere Filme erst angefangen hätten. Mit der Verhaftung und dem Prozess. Hier spielt die Wertung keine Rolle mehr. Jonas Dassler liefert eine der besten Leistungen des Jahres. Wir ekeln uns, während wir zu den Klängen von Adamo noch die Hüften schwingen.
9. Happy Deathday 2U (Christopher Landon)
Zum Kinostart von Happy Deathday 2U hätte ich auch noch gelacht, wenn jemand prophezeit hätte, dass sich die Zeitreisekomödie mit Slasherallüren am Ende des Jahres in meiner Top 10 wiederfindet. Das was Terminator 2 für das Original war, ist dieser Film ebenfalls für seinen Vorgänger. Die Karten liegen ab der ersten Sekunde offen. Der Film ist Schwachsinn und dessen ist er sich komplett bewusst. Statt alten Vorbildern nachzueifern entwirft Christopher Landon sein ganz eigenes Universum und erschafft ein cleveren und verquirlten Beitrag zur Zeitreise. Als Abenteuer, dass nicht versucht seine Ideen als wissenschaftlichen Beitrag zu formulieren. Und nebenbei auch noch echte Gänsehautmomente findet, indem er thematisiert ob die Entscheidung für eine Zukunft mit Menschen die man verloren hat besser ist als die Zukunft der Ungewissheit mit neuer Liebe. Ein starker Film, wenn man sich auf ihn einlässt.
8. Burning (Lee Chang-dong)
In jedem Podcast haben wir über Lee Chang-dongs Film gesprochen und immer wieder kamen wir auf einen gemeinsamen Nenner. Burning ist ein großer Film! Und doch funktioniert er am Besten wenn man so wenig wie möglich über ihn weiß. Die Koreaner beherrschen in diesem Jahr jedoch die besten Genremischung. Burning jongliert meisterhaft Thriller und Drama und schafft einen emotionalen und unterkühlten Film, der trotz seiner immensen Laufzeit keine einzige Sekunde zu kurz ist. Die Zuspitzung zur Eskalation baut sich dabei mit unerträglicher Spannung auf und entlädt sich in einem Finale, dass den Mund sperrangelweit offen stehen lässt. Seine wahre Kraft entfaltet Burning jedoch erst mit der Zweitsichtung. Wenn man sich als Zuschauer selbst die Zeit nimmt genauer hinzublicken und sich ein noch größeres Mysterium eröffnet.