4. Midsommar (Ari Aster)
Ari Aster bringt zwei Filme in zwei Jahren raus. Und ist direkt wieder mit seinem Film ganz oben in meiner Liste. Psychologischer Horror ist weitaus effektiver als lautes Getöse und Midsommar ist weitaus vielschichtiger und verstörender als der ohnehin schon beängstigende Hereditary. Wie er moderne Gesellschaftsbilder mit dem falschen Gefühl von kultureller Identität mischt und inmitten des Wahns ein Beziehungsdrama aufstellt klingt wie ein blindes Würfeln. Hier fügt es sich zu einem kräftezehrenden, anstrengenden und wahnsinnig schönen Horrorfilm zusammen, der gleichzeitig die perfektionistischsten Bilder des Jahres findet und die härtesten Mittel dafür aussucht. Wer sich nicht schon vorher in diesen verstörenden Mix verliebt hat, wird es spätestens im Finale in dem der große Knall vom besten Soundtrack des Jahres begleitet wird. Und auch wenn der Directors Cut mit seinen 172 Minuten riesig ist, sollte jeder Midsommar in dieser Fassung gesehen haben. Wären die letzten drei Plätze nicht so bärenstark, Midsommar wäre mit Leichtigkeit die Krönung gewesen. So reicht es „nur“ für einen ganz ganz großen 4. Platz.
3. Parasite (Bong Joon-ho)
Der größte Fehler der Parasite unterlaufen ist, ist der Fakt, dass ich ihn kein zweites Mal im Kino sehen konnte. So rangiert er auf dem dritten Platz, wobei ich mir sicher bin, dass er seinen Thronplatz mit der Zweitsichtung zementiert hätte. Bei Burning erwähnte ich ein jonglieren mit Genres. Parasite tut dies mit einer bisher nie da gewesenen Leichtigkeit und kombiniert kräftezehrende Spannung mit irrem Wortwitz ohne, dass wir als Zuschauer ein Mal die Möglichkeit haben zu erfahren in welche Richtung der Film geht. Immer wenn ein vermeintlicher Ausgang der Geschichte gefunden wurde, serviert man einen Twist der die Narration in völlig verschiedene Gefilde lenkt. So viel sei Gewiss: So einen Film hat man noch nicht gesehen und wird es sicherlich auch sehr lange Zeit nicht mehr. Zumindest bis Bong Joon-ho seinen nächsten Film veröffentlicht. Auch hier gilt: Keinen Trailer sehen, keine Inhaltsangabe lesen.
2. Dragged Across Concrete (S. Craig Zahler)
Drei Filme. Drei Meisterwerke. Mit Bone Tomahawk ein Horror/Western-Hybrid, mit Brawl in Cell Block 99 eine Reinkarnation des 70er Grindhouse Kinos und nun mit Dragged Across Concrete ein Thriller/Noirfilm. 164 Minuten Laufzeit verschlingt der starbesetzte Film in denen man sich selbst fühlt wie bei einer Observation. Ewig lange Auto-Dialoge bei der Überwachung von Verdächtigen wohnt man bei, Handlungsstränge tauchen plötzlich auf und sind nach wenigen Minuten abgehakt. Kein leichter konsumerfreundlicher Film wartet hier auf Interessenten. Aber dafür ein handwerklich erstklassiger und ruppiger Thriller, der Zahlers Gespür für abscheuliche Gewalt erneut unter Beweis stellt. Und dieses Monstrum braucht jede einzelne Sekunde um Charaktermotivationen aufzudecken ohne dabei ein Kistenwesen mit seinen Figuren zu betreiben. Jeder Schauspieler befindet sich in einer Grauzone, dessen Wertung von uns übernommen werden muss. Das ist ganz großes Kino, welches uns hierzulande leider auf der großen Leinwand verwehrt blieb. Die erste Höchstwertung für dieses Jahr geht verdient an S. Craig Zahler!